Francesca Scanagatta - wie die erste Offizierin Österreichs jahrelang die Vorgesetzten täuschte

Alles streng geheim: Francesca Scanagatta kämpfte sich bereits vor mehr als 225 Jahren durch zahlreiche Feldzüge der K.u.K.-Armee. Sie war die erste Frau in Österreichs Heer.

Francesca Scanagatta. Foto: Icas94 / De Agostini Picture Library via Getty Images

Francesca Scanagatta. Foto: Icas94 / De Agostini Picture Library via Getty Images

Von wegen reine Männersache – diese Dame war ihrer Zeit wirklich voraus:
Francesca Scanagatta kämpfte sich bereits vor mehr als 225 Jahren durch
zahlreiche Feldzüge der K.u.K.-Armee. Alles streng geheim natürlich. Die
junge Soldatin konnte ihre Vorgesetzten bis zum Ende ihrer Laufbahn 1801
täuschen und ihre Identität geschickt verbergen.

Sie war die erste Frau, die 1797 die Wiener Neustädter Militärakademie
absolvierte. Offiziell natürlich als Mann. Nur Francesca Scanagattas Eltern waren
in den Plan ihrer Tochter eingeweiht – und der ging auf.
Begonnen hatte das Täuschungsmanöver 1794, als die gebürtige Mailänderin im
Alter von 18 Jahren anstelle ihres Bruders Giacomo in die Theresianische
Militärakademie in Wiener Neustadt eintrat. Eine hübsche junge Frau inmitten
von Hunderten männlichen Kameraden – und keinem der Herren fiel es etwas
auf? Ja, Francesca Scanagatta (1776-1865) hatte alles geschickt eingefädelt. Die
gut situierte Senatorentochter besuchte die Militärakademie als externe
Frequentantin. Während der zweieinhalbjährigen Ausbildung lebte sie unter
männlicher Identität bei Freunden der Eltern in Wiener Neustadt, die sie zuvor
noch nie gesehen hatte.

Nach ihrem Abschluss im Jänner 1797 wurde Scanagatta dem Varazdiner St.
Georger Grenzregiment Nr. 4 zugeteilt. Die ständige Angst, entdeckt zu werden,
zwang sie allerdings dazu, mehrmals Garnison und Regiment zu wechseln. Nach
Einsätzen im Zweiten Koalitionskrieg wurde sie schließlich im Jänner 1800 zum
Leutnant befördert. Nach viereinhalb Jahren im Dienst der K.u.K-Armee musste
Scanagatta im Dezember 1801 dann allerdings ihre geliebte Uniform an den
Nagel hängen. Aber nicht weil sie aufgeflogen war, ihr Täuschungsmanöver
blieb bis zum Schluss unentdeckt. Das ständige Einschnüren des Oberkörpers
hatte allerdings zu massiven gesundheitlichen Problemen geführt.

Ein bemerkenswerter Fall von Cross-Dressing und Täuschung, der bis heute
fasziniert. Laut Nikolaus Reisinger, Universitätsprofessor für Geschichte an der
Universität Graz, ist der Fall Scanagatta „einer der bestdokumentierten seiner
Art“. Im 19. Jahrhundert wurde Scanagatta sogar als „kriegerische Jungfrau“ und
„verkleidete Amazone“ bezeichnet.

Der Mut, entgegen aller gesellschaftlicher Normen und Erwartungen ihre
Träume zu verwirklichen, hat Francesca Scanagatta aber nicht nur in
militärhistorischen Kreisen berühmt gemacht. So komponierte Franz Lehar ihr
zu Ehren einen Marsch und eine Operette, deren Handlung an das Leben der
jungen Soldatin angelehnt ist. Der 1931 erschienene Film „Liebeskommando“
von Géza von Bolváry basiert ebenfalls auf Scanagattas außergewöhnlicher
Lebensgeschichte.