Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) steht im Zentrum eines Skandals, der die Glaubwürdigkeit von Forschung, Politik und Finanzinstituten erschüttert. Die im Frühjahr 2024 veröffentlichte Arbeit hatte weltweit Schlagzeilen gemacht.
Vor allem die Mainstream-Medien spielten eine Schlüsselrolle: Die „Tagesschau“ warnte vor einer Bedrohung der Weltwirtschaft, der „Spiegel“ meldete angebliche Klimakosten von 38 Billionen Dollar pro Jahr. Auch „Bild" berichtete. In kürzester Zeit avancierte die PIK-Studie zur am zweithäufigsten zitierten klimawissenschaftlichen Publikation des Jahres. Kritik an Methodik und Ergebnissen war zunächst kaum zu hören – auch, weil die mediale Begleitmusik das Papier als unanfechtbare Wahrheit darstellte.
Doch inzwischen zerreißen Fachleute die Untersuchung in der Luft. Schon die Gutachter hatten gravierende Fehler moniert und die statistischen Modelle als unsicher und methodisch unbrauchbar bezeichnet. Kritiker wie der US-Klimapolitik-Experte Roger Pielke Jr. sprechen von einem „Skandal“, weil die Schwächen seit über einem Jahr bekannt seien, die Ergebnisse aber trotzdem als Leitlinie für zentrale Institutionen dienten. Tatsächlich griffen OECD, Weltbank, US-Regierung und das Netzwerk der Zentralbanken NGFS die Zahlen auf. Auch die Europäische Zentralbank bezieht Szenarien in ihre Stresstests ein, die direkt von der PIK-Studie inspiriert wurden – mit möglichen Folgen für Wirtschaftswachstum und Kreditvergabe.
Überarbeitete Version ist noch schlimmer
Besonders brisant sind mögliche Interessenkonflikte. Das PIK ist finanziell mit Klimaschutz-Stiftungen verbunden, die auch das NGFS unterstützen – eine enge Verflechtung, die Kritiker als problematisch bezeichnen. Laut der US-Politikwissenschaftlerin Jessica Weinkle stehen Teile des deutschen Wirtschaftsabschwungs im Einklang mit einem „Degrowth“-Ansatz, wie ihn NGFS-Studien vorzeichnen.
„Nature“ selbst gerät zunehmend in die Kritik. Das Magazin veröffentlichte Korrekturen und Warnhinweise erst mehr als ein Jahr später. Die Forscher um Anders Levermann legten inzwischen einen neuen Aufsatz vor, der die Ergebnisse mit geänderten Methoden stützen soll – nach Einschätzung mehrerer Experten aber nur eine kosmetische Reparatur. Gregory Hopper vom Bank Policy Institute nennt das Modell „noch fehlerhafter als das Original“.
Die „Welt“ berichtet, dass die Debatte längst über methodische Fragen hinausgeht. Sie betreffe das enge Zusammenspiel von Klimaforschung, Politik, Finanzinstituten – und den Mainstream-Medien. Denn diese hätten die dramatischen Ergebnisse unkritisch verbreitet und so maßgeblich dazu beigetragen, dass zweifelhafte Szenarien als Grundlage für milliardenschwere politische Entscheidungen dienen.