Zuletzt hat sich die deutsche Regierung im September erneut mit dem Thema des Verkaufsstopps für Autos mit Verbrennungsmotor befasst. Laut der Tageszeitung Bild hat sich Bundeskanzler Friedrich Merz bei einem informellen Treffen mit den Koalitionsführern verpflichtet, dass sein Kabinett nach Wegen suchen wird, um das Verbot aufzuheben oder zumindest abzuschwächen.
Die Haltung der gesamten Regierung ist derzeit nicht einheitlich. Der Vorsitzende der Koalitionspartei SPD, Matthias Miersch, behauptet, dass die Elektromobilität die „einzige realistische Zukunft” der deutschen Automobilindustrie sei, aber die Partei sei offen für Kompromisse. Vor allem in Bezug auf Plug-in-Hybride.
Obwohl sich die Deutschen noch nicht auf eine einheitliche Strategie geeinigt haben, ist die Organisation eines sogenannten Stahlgipfels ein Schritt nach vorne. Dort sollen sich die Koalitionsführer mit Vertretern der Automobilhersteller und Stahlwerke treffen.
Merz' Ideen werden auch von der mächtigen Gewerkschaft IG Metall geteilt, die offen für technologische Flexibilität ist, sowie vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der vor dem Verlust von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen warnt, sollte das Verbot in seiner jetzigen Form bestehen bleiben.
Auch in anderen Ländern wächst der Widerstand
Die Deutschen sind jedoch nicht die Einzigen, die die von Brüssel vorgegebene Zukunft in Frage stellen. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bezeichnete das Verbot bereits im vergangenen Jahr als „ideologischen Wahnsinn”.
Auch Polen spricht sich seit langem dagegen aus, und viele kritische Stimmen sind auch aus Tschechien und der Slowakei zu hören (obwohl beide Länder für das Verbotsgesetz gestimmt haben), wo der Automobilsektor ein wichtiger Pfeiler der Wirtschaft ist.
Der Vorsitzende der größten Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (EVP), äußerte im Frühjahr, dass die Menschen die Möglichkeit haben sollten, Benzin- und Dieselautos zu kaufen, sofern die CO2-Emissionen kompensiert werden.
Branche: Die derzeitige Form des Verbots ist unrealistisch
Die Automobilindustrie schlägt schon seit längerem Alarm. Mehrere Unternehmen, die ursprünglich ehrgeizige Ziele für die Verdrängung von Verbrennungsmotoren aus ihren Produktionslinien hatten, revidieren diese nun.
Volvo versprach noch vor wenigen Jahren, ab 2030 ausschließlich Elektroautos zu verkaufen, jetzt spricht man von neunzig Prozent. Honda wiederum plante, dass Elektrofahrzeuge bis 2030 ein Drittel seiner Produktion ausmachen sollten, setzt nun aber eher auf Hybride und hat das Ziel für Elektroautos auf etwa ein Fünftel des Absatzes gesenkt. Auch General Motors, das bis 2035 vollständig auf Elektroautos umsteigen wollte, hat dieses Ziel vollständig aufgegeben und erklärt, dass es sich eher um eine „Idee” als um eine reale „Strategie” handelte.
BMW-Chef Oliver Zipse weist darauf hin, dass das Verbot von Verbrennungsmotoren im Jahr 2035 „nicht mehr realistisch” sei. Seiner Meinung nach werde die obligatorische Elektrifizierung die Abhängigkeit Europas von chinesischen Batterien erhöhen, was ein berechtigter Grund sei, das Gesetz zu ändern und für alle emissionsarmen Technologien zu öffnen.
Aus der Automobilbranche ist seit langem zu hören, dass Brüssel die Branche enorm belastet. Aufgrund der Klimaschutzverpflichtungen ist Energie auf dem Kontinent teurer als bei den Wettbewerbern, und strenge Emissionsnormen zwingen sie zur Produktion von Produkten, von denen die Verbraucher noch nicht überzeugt sind. Hinzu kommen chinesische Autohersteller mit einem Angebot von guter Qualität und erschwinglichen Preisen.
Laut Branchenchefs, die von der Financial Times zitiert werden, sollte Europa dem chinesischen „Leitfaden” folgen und auch Hybridfahrzeuge, die einen Elektro- und einen Verbrennungsmotor kombinieren, in seine Bemühungen zur Reduzierung der Autoemissionen einbeziehen.
„Keine Frist, kein Verbot, Offenheit gegenüber Technologien... Wenn diese Strategie erfolgreich war, warum sind wir dann nicht bereit, zumindest über eine europäische Version zu diskutieren?”, sagte der Chef des Europäischen Automobilherstellerverbandes, Ola Källenius, der gleichzeitig Geschäftsführer von Mercedes ist.
Seine Meinung wurde auch von Matthias Zink unterstützt, dem Leiter der Organisation CLEPA. Diese vereint europäische Zulieferer der Automobilindustrie.
In einem Brief an die Kommission vom 27. August argumentierten beide Organisationen laut britischen Zeitungen, dass ein Verbot aller Autos mit Verbrennungsmotor „in der heutigen Welt einfach unrealistisch“ sei.
Die Beamten in Brüssel sind weiterhin realitätsfern
Brüssel geht jedoch in die völlig entgegengesetzte Richtung. Im Juli berichtete die deutsche Tageszeitung Bild, dass die Europäische Kommission einen Vorschlag überdenkt, wonach Autovermietungen und Firmenkunden ab 2030 ausschließlich Elektroautos kaufen sollen.
Zur Verdeutlichung: Im vergangenen Jahr wurden in der Union rund 10,6 Millionen Neuwagen verkauft, wobei etwa 60 Prozent an Unternehmen gingen und der Rest von normalen Verbrauchern gekauft wurde.
Dieser Zwischenschritt würde den Markt ab 2030 erheblich verändern und Druck auf die Automobilhersteller ausüben, ohne jedoch große Unzufriedenheit bei den Verbrauchern hervorzurufen, deren Wahlmöglichkeiten davon nicht direkt betroffen wären. Für Brüssel ist dies eine ideale Taktik, um den Übergang zur Elektromobilität zu unterstreichen und zu beschleunigen.
Autovermietungen, die im vergangenen Jahr 20 Prozent aller Neuwagen in der EU gekauft haben, warnen jedoch, dass dies sie ruinieren könnte. Ihre Kunden wollen nämlich keine Elektroautos, da sie Probleme mit dem Aufladen haben – beispielsweise verfügen die meisten Autovermietungen an Flughäfen nicht über Ladestationen, was insbesondere bei der Rückgabe von Elektroautos, die zu mindestens 70 Prozent aufgeladen sein sollten, ein Hindernis darstellt.
Daher hat Hertz Anfang letzten Jahres die Zahl der Elektroautos um etwa ein Drittel (20.000 Stück) reduziert und den Kauf neuer Fahrzeuge deutlich eingeschränkt.
Im Jahr 2024 ging die Nachfrage der Autovermietungen nach Elektroautos flächendeckend zurück. Laut der New York Times machten batteriebetriebene Fahrzeuge in der ersten Jahreshälfte nur 1,4 Prozent ihrer Anschaffungen aus, während diese Zahl im Jahr 2023 noch bei vier Prozent lag.
Die Chancen, dass Verbrennungsmotoren dem Untergang entgehen, steigen
Der Plan der Kommission, der den künstlichen Übergang zur Elektromobilität beschleunigen würde, sorgt bereits jetzt für viel Aufregung, obwohl er noch nicht offiziell auf dem Tisch liegt. Und er ist auch Wasser auf die Mühlen der Gegner des bereits beschlossenen Verbots von Verbrennungsmotoren ab 2035.
Dieser soll bereits in diesem Jahr überprüft werden, obwohl die Überarbeitung ursprünglich erst 2026 vorgesehen war. Die Industrie und die Öffentlichkeit können bis Ende September ihre Stellungnahmen zu dem Gesetz einreichen. Das Ergebnis soll eine Bewertung des technologischen Fortschritts, der Auswirkungen auf den Markt und etwaiger Gesetzesänderungen sein.
Die Diskussion dreht sich derzeit um drei theoretisch mögliche Szenarien.
Die erste Möglichkeit ist, dass das Verbot in seiner ursprünglichen Form bestehen bleibt. Brüssel würde damit die vollständige Einstellung des Verkaufs von Verbrennungsmotoren ab 2035 durchsetzen, wie es derzeit in der verabschiedeten Gesetzgebung vorgesehen ist.
Die zweite Möglichkeit ist eine Verschiebung des Termins, für die sich Polen und Italien bereits vor der Verabschiedung des Verbots eingesetzt hatten. Dies ist jedoch nicht sehr wahrscheinlich, da es im Widerspruch zu den aktuellen Maßnahmen Brüssels steht und die Glaubwürdigkeit seiner Umweltverpflichtungen in Frage stellen würde.
Vielversprechender erscheint ein Kompromiss, der Brüssel das Gesicht wahren würde, den Automobilherstellern aber Spielraum verschaffen würde. Dieser könnte darin bestehen, das Verbot für Hybrid-, Plug-in-Hybrid- und Synthetik-Kraftstoff-Fahrzeuge aufzuheben, die auch nach 2035 verkauft werden dürften.
Die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios, das von realistisch denkenden Politikern und der Automobilindustrie bevorzugt wird, steigt langsam, aber sicher. Denn viele Akteure sind bereits zwei Jahre nach Verabschiedung der Gesetzgebung gegen ein hartes Verbot. Und auch Giganten wie Deutschland, das ursprünglich dafür gestimmt hatte, ändern ihre Meinung.
Dies ist zu begrüßen, denn wenn die Union weiterhin blindlings den Weg der grünen Ideologie beschreitet, wird ein striktes Verbot von Verbrennungsmotoren statt eines ökologischen Triumphs die europäische Industrie zerstören, die Verbraucher verärgern und den Kontinent noch abhängiger von China machen.