Bis zu 30 Prozent der Arbeitsplätze in Österreich könnten laut Studien der OECD durch Automatisierung und den Einsatz Künstlicher Intelligenz gefährdet sein. Betroffen sind vor allem Routinetätigkeiten in der Verwaltung, im Bankenwesen, im Handel und in der Industrie. Gewerkschaften warnen seit Jahren, dass KI-Systeme Arbeitsdruck und Überwachung verschärfen könnten. Arbeitnehmervertreter befürchten, dass der Einsatz von Algorithmen Arbeitsplätze ersetzt, ohne dass neue im gleichen Ausmaß entstehen. Für viele Menschen bleibt daher die Sorge, dass die Technologie vor allem Unsicherheit schafft.
Doch das Bild ist nicht nur düster. KI kann auch neue Berufsfelder hervorbringen – von Datenanalysten über Spezialisten für Cybersicherheit bis hin zu Ingenieuren für Robotik und Automatisierung. Gerade in einem hochindustrialisierten Land wie Österreich bietet KI die Möglichkeit, Prozesse effizienter zu machen, Kosten zu senken und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Unternehmen, die früh auf diese Technologien setzen, könnten im internationalen Wettbewerb Vorteile haben. Es entsteht eine doppelte Realität: Während traditionelle Tätigkeiten verschwinden, wächst der Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften.
Zwischen Risiken und Chancen
In der Forschung ist Österreich durchaus gut aufgestellt. Einrichtungen wie die TU Wien, die Johannes Kepler Universität Linz, Joanneum Research in Graz oder das Austrian Institute of Technology treiben Projekte voran, die von Sprachverarbeitung über Robotik bis zur medizinischen Bildanalyse reichen. Start-ups wie Mostly AI entwickeln Werkzeuge für synthetische Daten, die Datenschutzprobleme lösen sollen. Andere Unternehmen bieten Chatbots für die öffentliche Verwaltung oder KI-gestützte Wartungssysteme für Maschinen an.

Trotz dieser Fortschritte bleibt Österreich im internationalen Vergleich zurückhaltend. Risikokapital ist knapp, die staatliche Förderung zersplittert. Während in den USA und China Milliarden in KI-Start-ups fließen, finden heimische Gründer oft nur schwer Investoren. Das führt dazu, dass manche Firmen früh von internationalen Konzernen übernommen werden oder ihre Aktivitäten ins Ausland verlagern.
Auf der anderen Seite birgt KI enorme Chancen für Wirtschaft und Gesellschaft. In der Medizin könnten Diagnosen schneller und präziser gestellt werden, in der Energiewirtschaft könnte KI helfen, Netze effizienter zu steuern. Auch in der Bildung eröffnet die Technologie neue Möglichkeiten: Schüler und Lehrer können mit interaktiven Lernprogrammen arbeiten, Inhalte individuell anpassen und Fortschritte besser messen.
Politik und Verwaltung setzen erste Schritte
Die Politik selbst beginnt bereits, KI in den eigenen Strukturen einzusetzen. Österreich gilt seit Jahren als Vorreiter im eGovernment, mit Systemen wie FinanzOnline oder der elektronischen Gesundheitsakte ELGA. Künftig könnte KI hier Prozesse beschleunigen und Kosten senken. Erste Pilotprojekte laufen, etwa zur automatisierten Bearbeitung von Bürgeranfragen oder zur besseren Auswertung großer Datenmengen.
Auch das Justizministerium testet Anwendungen, die juristische Dokumente vorsortieren und Richter bei der Recherche entlasten sollen. Das Innenministerium wiederum prüft den Einsatz von KI in der Sicherheitsarbeit – etwa zur Analyse von Cyberangriffen oder zur Auswertung großer Datenbestände. Allerdings stoßen solche Vorhaben auf Kritik: Datenschutzorganisationen warnen vor intransparenten Algorithmen, die Grundrechte gefährden könnten.
Die Bundesregierung hat bereits 2021 eine nationale KI-Strategie vorgelegt. Ihr Ziel: Österreich soll ein führender Standort für „vertrauenswürdige KI“ werden. Bisher sind die Fortschritte aber begrenzt. Viele Maßnahmen bleiben Absichtserklärungen, konkrete Budgets und Zeitpläne fehlen. Der neue EU AI Act zwingt Wien nun zum Handeln. Dieser legt europaweit einheitliche Regeln fest und unterscheidet zwischen riskanten und unbedenklichen Anwendungen. Österreich muss in den kommenden Jahren dafür sorgen, dass Verwaltung, Unternehmen und Forschung diese Vorgaben umsetzen.
Während Befürworter vor allem die Chancen betonen, mahnen Kritiker zur Vorsicht. Die Debatte wird in Österreich polarisiert geführt: Auf der einen Seite stehen Hoffnungen auf Wachstum, Produktivität und Innovation, auf der anderen Seite Ängste vor Arbeitsplatzverlust, Überwachung und gesellschaftlichen Risiken.
Am Ende hängt es von politischem Willen und klugen Entscheidungen ab, ob Österreich die KI-Revolution verschläft oder mitgestaltet. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob es gelingt, Arbeitsplätze zu sichern, Chancen zu nutzen und die Technologie so einzusetzen, dass sie dem Land mehr bringt, als sie kostet.