Die österreichische OMV steht in Rumänien unter massivem Druck. Das milliardenschwere Erdgasprojekt „Neptun Deep“ im Schwarzen Meer könnte im schlimmsten Fall an die rumänische Konkurrenz fallen, wenn Wien nicht bald Entscheidungen trifft. Ein drohender Lizenzverlust wäre ein schwerer Rückschlag für den Konzern – und ein Warnsignal für Österreichs Energiesicherheit.
„Neptun Deep“ gilt als eines der bedeutendsten Energieprojekte in der Region. Gemeinsam mit dem rumänischen Staatskonzern Romgaz will die OMV ab 2027 große Mengen Erdgas aus dem Schwarzen Meer fördern. Schätzungen zufolge lagern dort mehr als 100 Milliarden Kubikmeter Gas – ein Volumen, das nicht nur Rumänien, sondern die gesamte Region Südosteuropa unabhängiger von russischen Lieferungen machen soll. Allein für die OMV wären damit über Jahre stabile Einnahmen in Milliardenhöhe verbunden.
Doch die Vergabe der Förderrechte ist an strenge Fristen und Auflagen gebunden. Werden bestimmte Investitionsentscheidungen nicht rechtzeitig getroffen, behält sich der rumänische Staat vor, die Lizenzen zu entziehen oder neu auszuschreiben. Genau dieses Szenario wird nun immer realistischer.
Politischer Druck aus Bukarest
Die rumänische Regierung hat mehrfach klargemacht, dass sie das Projekt nicht endlos verschleppen will. Bukarest erwartet von der OMV zügige Fortschritte bei Infrastruktur, Umweltauflagen und Finanzierung. Rumänische Medien berichten, dass insbesondere die Verzögerungen bei den Zulassungen und der mangelnde Kapitaleinsatz von österreichischer Seite für Unmut sorgen.
Gleichzeitig steht mit Romgaz bereits ein staatlicher Partner bereit, der im Zweifel mehr Anteile übernehmen oder das Projekt sogar allein weiterführen könnte. Für die rumänische Politik wäre das eine attraktive Option: höhere Kontrolle über ein strategisches Energieprojekt und mehr Einnahmen aus eigenen Ressourcen.
Für die OMV steht viel auf dem Spiel. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren seine internationale Förderbasis verkleinert, unter anderem durch Verkäufe in Norwegen. Neptun Deep sollte die Lücke füllen und langfristig Gaslieferungen sichern. Ein Verlust der Bohrlizenzen würde den Konzern nicht nur finanziell treffen, sondern auch seine Position als verlässlicher Energieversorger in Osteuropa schwächen.
Auch aus österreichischer Sicht hätte ein Scheitern Folgen. Der Zugang zu eigenem Gas in der EU wird als strategischer Vorteil gesehen – insbesondere seit Beginn des Ukrainekriegs, der die Abhängigkeit von russischen Lieferungen deutlich machte. Ohne Neptun Deep wäre Österreichs Spielraum in der Energiepolitik kleiner.
Noch gibt sich die OMV nach außen hin optimistisch. Man arbeite eng mit den rumänischen Behörden zusammen und halte am Produktionsstart 2027 fest, heißt es aus Wien. Doch je länger die Verhandlungen dauern, desto größer wird das Risiko, dass die Regierung in Bukarest die Geduld verliert.
Sollte es tatsächlich zum Entzug der Lizenzen kommen, stünde die OMV vor einer existenziellen Frage: Wohin mit ihrer Strategie, wenn eines der letzten großen europäischen Gasprojekte verloren geht? Für Anleger, Politik und Energieverbraucher bleibt die Lage angespannt. Klar ist nur: Das Schwarze Meer ist längst mehr als ein Fördergebiet – es ist ein geopolitisches Minenfeld, in dem die OMV um ihre Zukunft ringt.