20 EU-Politiker positiv auf PFAS getestet

20 EU-Politikerinnen und -Politiker tragen gefährliche Chemikalien in ihrem Blut – sogenannte PFAS, auch bekannt als „Ewigkeitschemikalien“ - das gaben aktuell mehrere Umweltorganisationen bekannt.

Die Flaggen der Europäischen Union wehen vor dem Sitz der Europäischen Kommission in Brüssel. Foto: Yves Herman/Reuters

Die Flaggen der Europäischen Union wehen vor dem Sitz der Europäischen Kommission in Brüssel. Foto: Yves Herman/Reuters

Bei allen 24 getesteten Politikern aus verschiedenen EU-Ländern konnten die giftigen Substanzen nachgewiesen werden. PFAS gelten als besonders langlebig, reichern sich in der Umwelt und im menschlichen Körper an und stehen im Verdacht, Krebs, Leberschäden und Fruchtbarkeitsstörungen zu verursachen.

Der dänische Umweltminister Magnus Heunicke, einer der Getesteten, zeigte sich laut dem Politikmagazin Politico tief beunruhigt: „Ich wurde positiv auf vier dieser Substanzen getestet – drei davon können ungeborene Kinder schädigen, wirken hormonverändernd, greifen die Leber an und gelten als potenziell krebserregend.“ Die Ergebnisse bezeichnete er als „erschreckende Realität“. Er forderte entschlossenes Handeln: „Wir müssen die PFAS-Verschmutzung endlich stoppen, damit wir nicht weiter Tag für Tag diesen Giftstoffen ausgesetzt sind.“

Laut der beteiligten Organisationen, darunter das Europäische Umweltbüro und ChemSec, erreichten bei der Hälfte der getesteten Politiker die Belastungswerte gesundheitlich bedenkliche Höhen. Bei einer Person lag der Wert so hoch, dass langfristige Gesundheitsschäden nicht ausgeschlossen werden können.

Testserie bei Treffen in Dänemark

Getestet wurden die Politiker während eines Treffens der EU-Umweltminister im Juli in der dänischen Stadt Aalborg. Dänemark, das derzeit den Vorsitz im Rat der EU innehat, hatte die gemeinsame Untersuchung initiiert. Bereits 2023 hatte das Land zusammen mit vier weiteren EU-Staaten einen Vorschlag an die Europäische Kommission gerichtet, um Tausende PFAS-Substanzen schrittweise zu verbieten. Die Entscheidung liegt aktuell bei der Europäischen Chemikalienagentur. Industrieverbände drängen jedoch auf zahlreiche Ausnahmen.

Unter den getesteten Personen befanden sich auch EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall, Frankreichs scheidende Umweltministerin Agnès Pannier-Runacher sowie Deutschlands Umweltminister Carsten Schneider. Roswall erklärte: „Wie viele andere Bürgerinnen und Bürger in Europa habe auch ich PFAS im Körper. Ich wurde auf sechs von 13 getesteten Substanzen positiv getestet, darunter auch solche, die als fortpflanzungsgefährdend gelten.“ Die Belastung mit PFAS sei eine zentrale Frage der öffentlichen Gesundheit, sagte sie.

Leena Ylä-Mononen, Exekutivdirektorin der Europäischen Umweltagentur, verzeichnete bei sich immerhin einen Rückgang der Werte im Vergleich zu einer früheren Untersuchung – ein Hinweis darauf, dass Einschränkungen für bestimmte PFAS bereits Wirkung zeigen könnten.

Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einer umfassenden Reform der Chemikalienverordnung REACH. Geplant ist, den Einsatz von PFAS in Verbraucherprodukten weitgehend zu verbieten, während bestimmte kritische Industrien – etwa Halbleiter-, Batterie- oder Pharmaproduktion – vorerst ausgenommen werden sollen. Umweltverbände sehen diese Ausnahmen kritisch. „Wir brauchen ein vollständiges Verbot aller PFAS – nicht nur in Konsumgütern“, forderte ChemSec-Direktorin Anne-Sofie Bäckar. „Sonst wird eine weitere Generation den Preis für das Zögern der Industrie zahlen.“

Kritik kommt auch von den Vereinten Nationen: Der UN-Sonderberichterstatter für Umweltgifte, Marcos Orellana, warf der EU vergangene Woche vor, ihre strengen Chemikaliengesetze zugunsten der Industrie aufweichen zu wollen. Damit riskiere Brüssel, „seine Glaubwürdigkeit als globaler Vorreiter in Umwelt- und Gesundheitsschutz zu verspielen“.

Die Bluttests der Politiker zeigen, wie tief die „Ewigkeitschemikalien“ bereits in den Alltag vorgedrungen sind – selbst in jene Körper, die über ihre Regulierung entscheiden.

10.000 verschiedene PFAS-Verbindungen

PFAS (gesprochen: „Pee-Fas“) steht für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen – eine große Gruppe synthetisch hergestellter Chemikalien, zu der laut Schätzungen mehr als 10.000 verschiedene Verbindungen gehören. Sie werden oft als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet, weil sie in der Umwelt und im menschlichen Körper extrem langlebig sind und kaum abgebaut werden.

PFAS sind wasser-, fett- und schmutzabweisend, was sie in vielen Produkten nützlich macht. Sie kommen unter anderem vor in:

  • Outdoor- und Funktionskleidung (z. B. Regenjacken)
  • Pfannen mit Antihaftbeschichtung (Teflon)
  • Feuerlöschschaum
  • Lebensmittelverpackungen (z. B. Pizzakartons, Fast-Food-Verpackungen)
  • Kosmetika
  • Medizinischen Geräten und Halbleitern