Israel und die Hamas erklärten, dass sie sich auf einen lange erwarteten Waffenstillstand und eine Vereinbarung zur Freilassung von Geiseln geeinigt haben – die erste Phase des Plans von US-Präsident Donald Trump zur Beendigung des Gaza-Krieges.

Wenn die Vereinbarung umgesetzt wird, bringt sie beide Seiten nach zwei Jahren näher an ein Kriegsende als jeder frühere Versuch. Der Konflikt hatte sich inzwischen auf die Region ausgeweitet, Länder wie Iran, Jemen und Libanon hineingezogen, Israels internationale Isolation vertieft und den Nahen Osten grundlegend verändert.

Trumps Wahlversprechen würde erfüllt

Die von Trump am Mittwochabend verkündete Vereinbarung blieb jedoch vage und ließ viele offene Fragen zurück, die zum Scheitern führen könnten – wie schon frühere Friedensinitiativen.

„Ich bin sehr stolz, bekannt geben zu können, dass Israel und die Hamas die erste Phase unseres Friedensplans gebilligt haben“, erklärte Trump auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social.

„Das bedeutet, dass ALLE Geiseln sehr bald freigelassen werden und Israel seine Truppen bis zu einer vereinbarten Linie zurückzieht – als erster Schritt zu einem starken, dauerhaften und ewigen Frieden“, fügte er hinzu.

Eine erfolgreiche Umsetzung wäre ein bedeutender außenpolitischer Erfolg für den republikanischen Präsidenten, der im Wahlkampf versprochen hatte, große Weltkonflikte zu befrieden, bisher aber weder in Gaza noch im Hinblick auf Russlands Invasion in die Ukraine Erfolge vorweisen konnte.

Netanjahu will Regierung überzeugen

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu kündigte an, seine Regierung am Donnerstag zur Billigung der Vereinbarung einzuberufen.

„Mit der Genehmigung der ersten Phase des Plans werden alle unsere Geiseln nach Hause gebracht“, erklärte er. „Dies ist ein diplomatischer Erfolg und ein nationales wie moralisches Siegeszeichen für den Staat Israel.“

Die Hamas bestätigte, dass sie einer Vereinbarung zur Beendigung des Krieges zugestimmt habe. Sie umfasst den Rückzug Israels aus dem Gazastreifen sowie einen Austausch von Geiseln gegen Gefangene.

„Wir bekräftigen, dass die Opfer unseres Volkes nicht vergeblich waren und dass wir unserem Versprechen treu bleiben – die nationalen Rechte unseres Volkes niemals aufzugeben, bis Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung erreicht sind“, erklärte die Hamas.

Nach Angaben der Behörden in Gaza wurden seit Beginn der israelischen Militäroperation am 7. Oktober 2023 mehr als 67.000 Menschen getötet und große Teile des Gazastreifens dem Erdboden gleichgemacht. Nach israelischen Angaben starben beim Hamas-Angriff am 7. Oktober etwa 1.200 Menschen, 251 wurden als Geiseln nach Gaza verschleppt. Von den noch 48 festgehaltenen Geiseln sollen 20 am Leben sein.

Trotz der Hoffnung auf ein Ende des Krieges bleiben entscheidende Fragen ungeklärt – darunter der Zeitplan, die Verwaltung des Gazastreifens nach dem Krieg und die Zukunft der Hamas.

Freilassung der Geiseln in wenigen Tagen erwartet

Nach der Ankündigung kam es sowohl in Gaza als auch in Israel zu Feierlichkeiten.

Familien von in Gaza festgehaltenen Israelis versammelten sich nach der Verkündung auf dem „Geiselplatz“ in Tel Aviv.

„Vielen Dank, Präsident Trump. Ohne ihn wären unsere Kinder nicht nach Hause zurückgekehrt“, sagte Hatan Angrest, dessen Sohn Matan zu den Geiseln gehört.

Eine Quelle der Hamas erklärte, dass die überlebenden Geiseln innerhalb von 72 Stunden nach der Zustimmung der israelischen Regierung übergeben werden sollen. Die Bergung der Leichen von vermutlich etwa 28 getöteten Geiseln werde jedoch länger dauern, da sie unter den Trümmern in Gaza verschüttet seien.

Trump sagte am Mittwoch in der Fox-News-Sendung Hannity, die Geiseln würden wahrscheinlich am Montag freigelassen.

Das israelische Militär warnte die Bewohner Gazas, dass einige Gebiete weiterhin gefährliche Kampfzonen seien. Die Streitkräfte hielten die Umzingelung von Gaza-Stadt aufrecht; eine Rückkehr dorthin bleibe „äußerst gefährlich“, so ein Sprecher am Donnerstag.

Netanjahu und Trump telefonierten und gratulierten einander zu einem „historischen Erfolg“. Laut Netanjahus Büro lud der Premierminister den US-Präsidenten ein, vor dem israelischen Parlament zu sprechen.

UN-Generalsekretär António Guterres forderte alle Seiten auf, die Bedingungen der Geiselvereinbarung vollständig einzuhalten. „Der sofortige und ungehinderte Zugang humanitärer Hilfe und wesentlicher Handelsgüter nach Gaza muss gewährleistet sein. Das Leiden muss ein Ende haben“, erklärte er.

Die Hamas hatte am Mittwoch zuvor Listen der Geiseln, die sie hält, sowie der palästinensischen Gefangenen, die sie im Austausch freihaben möchte, übergeben.

Bisher weigert sie sich, über Israels Forderung nach Entwaffnung zu sprechen – eine Bedingung, die sie nach Angaben einer palästinensischen Quelle ablehnt, solange israelische Truppen palästinensisches Land besetzen.

Arabische Staaten fordern Palästinenserstaat

Die nächste Phase von Trumps Plan sieht vor, dass ein internationales Gremium unter seiner Leitung und mit Beteiligung des ehemaligen britischen Premierministers Tony Blair eine Rolle in der Verwaltung Gazas nach dem Krieg übernimmt. Unterstützende arabische Staaten bestehen darauf, dass dies in die Unabhängigkeit eines palästinensischen Staates münden müsse – was Netanjahu kategorisch ausschließt.

Wer Gaza nach dem Krieg regieren wird, ist unklar. Netanjahu, Trump sowie westliche und arabische Staaten haben eine Rolle der Hamas ausgeschlossen, die den Gazastreifen seit 2007 kontrolliert.

Die Hamas erklärte, sie sei bereit, die Verwaltung nur an eine palästinensische Technokraten-Regierung unter Aufsicht der Palästinensischen Autonomiebehörde und mit Unterstützung arabischer und muslimischer Staaten abzugeben. Eine Rolle Blairs oder eine ausländische Verwaltung lehnt sie ab.

Die weltweite Empörung über die israelische Offensive wächst. Zahlreiche Menschenrechtsexperten, Wissenschaftler und eine UN-Untersuchung sprechen von Völkermord. Israel bezeichnet sein Vorgehen als Selbstverteidigung nach dem Hamas-Angriff 2023.

(reuters, est)