Sechs Milliarden Euro an EU-Geldern flossen „rechtswidrig“ in Projekte, die gegen Vorschriften verstießen oder nicht förderfähig waren, auch Deutschland ist in den Prüfungen erwähnt.

Die Prüfer beziffern die sogenannte Fehlerquote der EU-Ausgaben auf 3,6 Prozent – ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr (5,6 Prozent), aber weiterhin deutlich über der kritischen Schwelle von zwei Prozent. Ab diesem Wert gelten Ausgaben nach EU-Definition als „wesentlich fehlerhaft“.

In den meisten Fällen geht es laut Bericht nicht um Betrug, sondern um Verstöße gegen Förderbedingungen, fehlerhafte Kostenerstattungen oder Regelverstöße bei öffentlichen Ausschreibungen. So wurden etwa Projekte finanziert, die nach EU-Kriterien gar nicht förderfähig waren, oder Unternehmen erhielten höhere Zuschüsse, als gesetzlich erlaubt.

Auch in Deutschland entdeckten die Prüfer Unregelmäßigkeiten: In einem Fall hätten Beihilfen „die zulässige Förderintensität überschritten“, heißt es in dem Bericht. Details bleiben aus Datenschutzgründen vertraulich. Besonders betroffen seien Programme aus dem Bereich der EU-Struktur- und Kohäsionsfonds, die eigentlich dazu dienen, wirtschaftlich schwächere Regionen in Europa zu unterstützen und regionale Ungleichheiten abzubauen.

Grafik Schulden EU
Credit: EU RH

„Die Verringerung der Fehlerquote ist zwar ein Fortschritt, aber wir haben immer noch zu viele Unregelmäßigkeiten“, kritisierte der Präsident des Europäischen Rechnungshofs, Tony Murphy. Die Probleme seien strukturell und hingen mit „mangelnder Kontrolle und schwachen Rechenschaftsmechanismen“ in mehreren Mitgliedstaaten zusammen.

Der Rechnungshof weist ausdrücklich darauf hin, dass die Fehlerquote kein direkter Hinweis auf Betrug oder Verschwendung sei. Dennoch stießen die Prüfer auf 19 Fälle mit Betrugsverdacht, die inzwischen an die zuständigen EU-Ermittlungsbehörden weitergeleitet wurden.

Verschuldung der EU "besorgniserregend"

Besorgniserregend sei zudem die zunehmende Verschuldung der EU, warnt der Bericht. Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs abzufedern, habe die Union in den vergangenen Jahren massiv neue Kredite aufgenommen. Sollte dieser Trend anhalten, könnten die Schulden bis 2027 auf über 900 Milliarden Euro steigen – fast das Zehnfache des Niveaus vor dem Start des Corona-Aufbaufonds im Jahr 2020.

„Wir sehen hier ein wachsendes Risiko für die Tragfähigkeit der EU-Finanzen“, so Murphy. Die Mitgliedstaaten müssten dafür sorgen, dass die aufgenommenen Mittel effizient und zweckgebunden verwendet werden. Besonders kritisch sehen die Prüfer, dass viele nationale Kontrollstellen überfordert seien und Mittel oft zu spät oder ohne ausreichende Dokumentation abgerufen würden.

Brüssel will nun gegensteuern. Die EU-Kommission kündigte an, in den kommenden Monaten die internen Prüfrichtlinien zu verschärfen und die Berichtspflichten der Mitgliedstaaten auszuweiten. Zudem sollen neue digitale Systeme helfen, Zahlungen transparenter nachzuverfolgen.

In Deutschland reagierte das Bundesfinanzministerium verhalten auf die Kritik. Man nehme die Hinweise „sehr ernst“ und werde die betroffenen Programme prüfen, hieß es aus Berlin. Gleichzeitig verwies man darauf, dass die Fehlerquote insgesamt rückläufig sei – ein Zeichen, dass die EU „auf dem richtigen Weg“ sei.