Belgiens Premierminister Bart De Wever ist nur knapp einem Anschlag entgangen: Sicherheitskräfte haben am Donnerstag eine mutmaßliche islamistische Terrorzelle zerschlagen, die einen Angriff mit einer mit Sprengstoff beladenen Kamikazedrohne geplant haben soll. Ziel des vereitelten Anschlags war offenbar der flämische Regierungschef persönlich - das bestätigten Sicherheitskreise sowie Vizepremier Maxime Prévot am Abend.

Bei Durchsuchungen in Deurne, einem Stadtteil von Antwerpen und nur wenige Hundert Meter von De Wevers Privatwohnung entfernt, stießen Ermittler auf ein selbstgebautes Sprenggerät, das noch nicht einsatzfähig war. Laut Bundesstaatsanwaltschaft war die Vorrichtung „dem Aufbau eines improvisierten Sprengsatzes (IED) nachempfunden“. Außerdem fanden die Ermittler Metallkugeln – mutmaßlich als Splitterladung – sowie eine 3D-Druckeranlage, mit der offenbar Bauteile der Drohne gefertigt werden sollten.

Tatverdächtige sind 17, 18 und 23 Jahre alt

Die Bundespolizei nahm drei junge Männer im Alter von 17, 18 und 23 Jahren fest, alle mit Wohnsitz in Antwerpen. Einer der Verdächtigen ist den Behörden zufolge tschetschenischer Herkunft. Zwei der mutmaßlichen Islamisten sollen am Freitag dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden, berichtet De Standaard.

Der älteste Verdächtige wurde nach einer ersten Vernehmung wieder freigelassen. Das Verfahren läuft seit September, nachdem Sicherheitsdienste Hinweise auf mögliche „jihadistische Anschlagspläne gegen Politiker“ erhalten hatten.

Nach Angaben des Generalstaatsanwalts Ann Franssen führte die Antiterroreinheit der Polizei am frühen Donnerstagmorgen vier Hausdurchsuchungen durch. Daran beteiligt waren auch Spezialeinheiten, Spürhunde und der Entminungsdienst DOVO. Ziel war es, Beweise für die Herstellung der geplanten Drohne und der Explosivvorrichtung zu sichern.

Ob die Täter ihre Unterkunft bewusst in unmittelbarer Nähe des Premierministers wählten oder dies Zufall war, ist derzeit noch unklar. Die Ermittler schließen eine gezielte Ortswahl jedoch nicht aus.

Premier Bart De Wever, Vorsitzender der flämisch-nationalistischen Partei N-VA, steht seit Jahren im Fokus extremistischer Gruppen. Erst Anfang des Jahres waren fünf Männer wegen der Vorbereitung eines Anschlags auf ihn vom Berufungsgericht in Antwerpen verurteilt worden. Zwar galt die Bedrohung damals nicht als unmittelbar, doch die Ermittler warnten bereits vor einer zunehmenden Radikalisierung junger Islamisten in Flandern.

In der vergangenen Woche war bereits ein verdächtiges Paket vor De Wevers Haus entdeckt worden. Es stellte sich später als harmlos heraus – eine Farbdose und eine Weihnachtskarte –, der Absender litt laut Polizei an psychischen Problemen. Ein Zusammenhang mit der nun aufgedeckten Terrorzelle besteht nach jetzigem Stand nicht.

Angespannte Sicherheitslage in ganz Europa

Belgische Sicherheitsbehörden lobten das schnelle Eingreifen der Ermittler. „Die Gefahr war real, auch wenn das Sprenggerät noch nicht funktionstüchtig war“, sagte ein hochrangiger Beamter. Ein Sprecher des Premierministers erklärte, De Wever sei über den vereitelten Anschlag informiert worden, zusätzliche Schutzmaßnahmen seien derzeit jedoch nicht nötig, da die Verdächtigen in Haft seien.

Der Fall zeigt erneut, wie angespannt die Sicherheitslage in ganz Europa bleibt - erst vor wenigen Stunden ist in Österreich ein Tatverdächtiger aufgeflogen, der als Mitarbeiter des Nachrichtendienstes DSN vertrauliche Daten an die radikale Muslimbruderschaft weitergegeben haben soll.