Neutralität: Ja, Nato: Nein - was die Österreicher wirklich für ihre Heimat wollen, aber (fast) kein Medium mehr veröffentlichen will: So betitelt Bernhard Heinzlmaier, der bekannte Jugendforscher und Eigentümer des Meinungsforschungsinstituts tfactory, die neuesten Ergebnisse aus seiner Befragung der Österreicher über die Neutralität des Landes.

Immer wieder propagieren vor allem NEOS-Politiker wie Außenministerin Beate Meinl-Reisinger oder der Abgeordnete Veit Dengler einen Anschluss Österreichs an den Nordatlantikpakt, an das große westliche Militärbündnis. "Die Neutralität schützt Österreich nicht", meinen die NEOS-Politiker - der Beweis für diese These wurde zum Glück seit 1955 noch nie erbracht.

statement.at fragte deshalb bei Österreichs Demoskopen nach, ob sich denn die Stimmung zugunsten der Neutralität angesichts des Krieges im Osten der Ukraine geändert hätte. Bernhard Heinzlmaier, der tfactory-Chef, kann dazu aktuelle Daten liefern. Er schreibt in seiner Analyse: "Der überwiegende Teil der österreichischen Jugend positioniert sich weiterhin klar gegen einen Nato-Beitritt. 30 % sehr stark, ein weiteres Viertel zurückhaltender, aber doch. 15 % halten sich aus der Sache heraus. Sie sagen weder Ja noch Nein. Es bleiben nur 20 %, für die ein Nato-Beitritt in Frage kommt."

Und Heinzlmaier kommentiert: "Für die politischen Nato-Befürworter, die überwiegend aus der konservativ-liberalen Ecke kommen, ein mäßiges Ergebnis, trommeln sie doch schon seit Jahren, teilweise mit starker medialer Unterstützung, für den Beitritt des Landes zum europäisch-amerikanischen Verteidigungsbündnis."

Und der Meinungsforscher fragte auch ab, was hinter dieser skeptischen Haltung der Nato gegenüber stecken könnte: "An erster Stelle steht die Angst, in einen Krieg hineingezogen zu werden, der vom außenpolitisch immer aggressiver werdenden Europa auszugehen droht. Die jungen Österreicher und Österreicherinnen haben Angst davor, auf den Schlachtfeldern der Ukraine zu sterben. Dazu ist ihnen die Ukraine einfach zu wenig wichtig, um für sie das kurze irdische Leben vorzeitig zu verlieren. Zum zweiten sind die meisten jungen Nato-Gegner patriotische Österreicher. Sie wollen, dass Österreich seine Außenpolitik selbst bestimmen kann und nicht als kleines Teilchen eines internationalen Militärbündnisses in einem Krieg mitmachen zu müssen. Unter jungen Männern findet sich eine etwas stärkere Aversion gegen den Nato-Beitritt, bei den jungen Frauen ist der Anteil derer, die sich neutral verhalten oder keine Meinung zum Thema haben am größer."

Dabei sind die älteren Österreicher noch wesentlich schärfer gegen einen Nato-Beitritt als die eben erwähnte Generation Z, berichtet Heinzlmaier: "Bei den älteren Menschen sind 70 % gegen einen Beitritt, bei den Jungen 55 %. Obwohl es die Jungen sein werden, die dann auf internationalen Kriegsschauplätzen ihren Kopf hinhalten müssten, sind sie weniger Nato-skeptisch als die älteren Österreicher."

Gegner der Neutralität weder bei GenZ noch bei Baby Boomern

Die Studie von tfactory zeigt also: Über 80 % der Angehörigen der Generation Z sind für die Beibehaltung der österreichischen Neutralität, bei den jungen Frauen sind es sogar über 90 Prozent. Bernhard Heinzlmaier: "Dahinter steckt die Mentalität einer Kulturnation, die das Ausland immer durch eine süßliche und tränenselige Kultur für sich einzunehmen versucht hat, und in der Regel dabei Erfolg hatte. Kampf, Mut, Konsequenz und Geradlinigkeit sind dem Österreicher fremd."

Und der Meinungsforscher analysiert das Ergebnis: "Was ihr unverbrüchliches Bekenntnis zu Neutralität betrifft, gleichen sich Generation Z und die Baby Boomer fast auf das Haar. Die Hingabe an die Neutralität ist zwar unter den jungen Neutralitätsbefürwortern intensiver, Neutralitätsgegner findet man aber da wie dort nahezu keine. Resümierend kann gesagt werden, dass die sympathisch-provinziellen Österreicher die große weite Welt zwar ab und an im Urlaub gerne besuchen, darüber hinaus wollen sie aber ihre Eigenständigkeit bewahren und keinesfalls in Konflikte hineingezogen werden, die sie nicht in ihrer unmittelbaren Kultur und Lebensrealität betreffen."

Die Ergebnisse stammen aus der aktuellen Jugendwerte-Studie des Mafo-Instituts tfactory. Nähere Auskünfte über weitere Inhalten und den Erwerb der Studie erhalten sie unter der Nummer 01/595-25-66.

Bundesverfassungsgesetz zur Neutralität - seit 70 Jahren

Die österreichische Neutralität ist im Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 verankert. Dieses Gesetz, oft als „Neutralitätsgesetz“ bezeichnet, wurde im Anschluss an den Staatsvertrag beschlossen und verpflichtet Österreich, „immerwährende Neutralität“ zu wahren. Damit verpflichtet sich das Land, keinen militärischen Bündnissen beizutreten und keine ausländischen Stützpunkte auf seinem Territorium zuzulassen.

Die Neutralität ist Teil der österreichischen Bundesverfassung und prägt bis heute die außen- und sicherheitspolitische Identität des Landes. Sie gilt völkerrechtlich als dauerhaft, kann aber durch ein einfaches Verfassungsgesetz mit qualifizierter Mehrheit geändert werden - allerdings dürfte dazu realpolitisch die Zustimmung der Signatarmächte des Staatsvertrags nötig sein, also von Russland, den USA, Großbritannien und Frankreich.

Bernhard Heinzlmaier
Hat nun auch einen neuen Podcast: tfactory-Boss und Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier Credit: Heinzlmaier