Der Krieg in der Ukraine hat das Bild des modernen Kampfes verändert. Die Ikonen des letzten Jahrhunderts – teure Panzer, Überschallkampfflugzeuge oder riesige Flugzeugträger – haben einen Teil ihres Glanzes verloren. Auf den Plan trat die billige, schnell herstellbare Drohne, die in der Lage ist, Versorgungswege lahmzulegen, Sensoren zu blenden oder die Infrastruktur zu gefährden – und das zu einem Bruchteil der Kosten eines einzigen Kampfflugzeugs.
Es handelt sich nicht nur um eine taktische Verschiebung, sondern um eine strategische Veränderung: Der Konflikt verwandelt sich in einen Wettlauf zwischen Produktion und Gegenmaßnahmen, in einen Wettstreit zwischen Improvisation und Verteidigung. Die Verteidigung wird somit zur Schlüsselfrage – sei es in Form von Störsendern, Sensoren oder Waffen gegen Drohnen.
Der Aufbau einer Drohnenabwehr ist nicht nur ein technisches und strategisches Problem, was und wie geschützt werden soll, sondern vor allem ein wirtschaftliches. Wer bezahlt es und wie wird der anschließende Betrieb der neuen Verteidigungslinie finanziert?
Intuitive, aber unklare Vision
Die Idee einer Drohnenabwehr ist intuitiv und leicht verständlich. Es geht darum, ein System zur Erkennung, Verfolgung und Neutralisierung von Drohnen an den östlichen Grenzen der EU zu schaffen – von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer, was einer Entfernung von etwa 3 800 Kilometern entspricht.
Die Initiative geht von den baltischen Staaten (Litauen, Lettland, Estland), Finnland, Polen, Rumänien und Bulgarien aus, die damit auf die russische Bedrohung reagieren. Das klingt verlockend, aber es gibt auch Einwände. Kritiker argumentieren, dass die Drohnenmauer in erster Linie die europäischen Flughäfen schützen sollte, die am stärksten durch Drohnen bedroht sind.
Weitere Zweifel betreffen die Wirksamkeit der Mauer. Trotz intensiver Bemühungen zur Stärkung der Drohnenabwehr gelangen weiterhin große Mengen russischer Drohnen in die Ukraine. Diese Erfahrung zeigt, dass selbst eine mehrschichtige Abwehr bis zu 30 Prozent der Drohnen durchlässt, was die Wartungskosten erhöht.
Das grundlegende Problem ist die Unbestimmtheit des Projekts. Wenn wir fragen, wie viel es kosten wird, stoßen wir auf die Frage, was genau es umfassen soll. Es besteht politischer Konsens über die Notwendigkeit einer Abwehr gegen Drohnen, aber die konkrete Ausgestaltung bleibt unklar. Kein Wunder, dass angesichts dieser vagen Aufgabenstellung Zweifel am Erfolg des gesamten Projekts bestehen.
Finanzielles Fragezeichen: Wie viel soll es kosten?
Wenn wir die Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Projekt beiseite lassen und uns auf die Finanzen konzentrieren, stellen wir fest, dass es derzeit unmöglich ist, einen endgültigen Preis festzulegen. Schätzungen gehen von Summen in Milliardenhöhe aus, aber das sind sehr grobe Annahmen.
Die Vertreter der EU lassen sich davon jedoch nicht abschrecken. Obwohl sie nicht genau wissen, was die Drohnenmauer umfasst und wie viel sie kosten wird, haben sie die Mittel für dieses Projekt. Zumindest auf dem Papier.
Im März 2025 wurde der ReArm Europe Plan vorgestellt, der das Potenzial hat, bis zu 800 Milliarden Euro für die Verteidigung zu mobilisieren. Teil davon ist das Instrument Security Action for Europe (SAFE), dessen Ziel es ist, die Verteidigungsfähigkeiten Europas als Ganzes zu stärken.
Für diese Initiative sind bis zu 150 Milliarden Euro vorgesehen, aus denen auch die Drohnenmauer finanziert werden soll. Eine so große Summe könnte auch andere Verteidigungsprojekte abdecken. Laut Ursula von der Leyen sind die Mittel bereitgestellt – die Mitgliedstaaten müssen nur noch konkrete nationale Verteidigungspläne ausarbeiten, um die Gelder in Anspruch nehmen zu können.
Die europäische Verschuldung steigt
Das SAFE-Programm basiert auf dem Modell NextGenerationEU, das auf den Wiederaufbau nach der COVID-19-Pandemie ausgerichtet war. Dieses Programm, in das 807 Milliarden Euro flossen, hilft uns zu verstehen, wie SAFE funktionieren wird.
Im Rahmen von NextGenerationEU hat die Union Mittel durch die Ausgabe gemeinsamer Anleihen (Eurobonds) aufgenommen, die sich in Zuschüsse (407,5 Milliarden Euro, die die Staaten nicht zurückzahlen müssen) und Darlehen (386,4 Milliarden Euro, die von den einzelnen Ländern zurückgezahlt werden) aufteilen.
Diese Anleihen sollen von 2028 bis 2058 vor allem durch neue Eigenmittel der EU wie die Digitalsteuer oder Emissionszertifikate zurückgezahlt werden. Bereits während der Pandemie stieß dieser Plan auf Widerstand. Kritiker wandten ein, dass eine gemeinsame Verschuldung zu einer „unauffälligen Föderalisierung der EU” führe, da die Verbindlichkeiten unabhängig vom Willen der Nationalstaaten beglichen werden müssten. Weniger verschuldete Länder wie Dänemark warnten, dass die gemeinsame Verschuldung ihren Volkswirtschaften schade.
Ein weiterer Einwand betraf die Verwendung der Mittel. Italien beispielsweise verwendete den größten Teil der Mittel für die Sanierung der Eisenbahn, was keine zentrale Priorität im Kampf gegen die Pandemie war. Ein ähnliches Risiko besteht auch bei SAFE: Die Mittel können für verschiedene Projekte ausgegeben werden, sodass die Drohnenmauer möglicherweise keine echte Priorität darstellt.
Außerdem sollte NextGenerationEU etwas Außergewöhnliches sein, aber fünf Jahre danach kommt SAFE – ein weiteres massives Projekt der gemeinsamen Verschuldung. Anstatt die nationalen Schulden zu lösen, plant die EU, sich weiter zu verschulden. Das Hauptargument für Eurobonds ist, dass die Union als Ganzes ein gutes Rating hat, wodurch sie zu niedrigeren Zinsen Kredite aufnehmen kann als verschuldete Staaten wie beispielsweise Frankreich oder Italien.
Streit um Darlehen versus Zuschüsse
Der Mechanismus „Security Action for Europe” ist dem Programm „NextGenerationEU” sehr ähnlich, obwohl seine Details nicht von allen Mitgliedstaaten eindeutig akzeptiert werden. Frankreich und die baltischen Staaten drängen beispielsweise darauf, dass die Mittel aus SAFE nicht nur Darlehen, sondern auch Zuschüsse sein sollen, die die Staaten nicht zurückzahlen müssen. Dies würde die Finanzierung von Projekten wie der Drohnenmauer insbesondere für kleinere Volkswirtschaften erleichtern.
Deutschland hingegen drängt darauf, dass die Gelder in erster Linie in nationale Verteidigungsprojekte fließen, was eine gemeinsame Initiative wie die eben erwähnte Mauer erschweren würde. Die Streitigkeiten über die Finanzierung und Ausgestaltung des SAFE-Programms lenken von der entscheidenden Frage ab: Kann die Drohnenmauer Russland abschrecken? Wird ihr technisches Niveau ausreichen, um den Schutz der europäischen Bevölkerung zu gewährleisten?
Trotz dieser Streitigkeiten ist es eine gute Nachricht, dass die EU über genügend Kreditwürdigkeit verfügt, um 150 Milliarden Euro zu leihen. Die technische Umsetzung der Drohnenmauer bleibt jedoch eine Herausforderung. Die schlechte Nachricht ist, dass Schulden nur aufgeschobene Steuern sind.
Die nächste Generation von Europäern wird also nicht nur mit der Rückzahlung der Staatsschulden konfrontiert sein, sondern auch mit der Last der gemeinsamen europäischen Verpflichtungen. Der alte Kontinent mag zwar eine Mauer gegen Drohnen errichten können, aber es wird ihm schwerfallen, einen Damm gegen seine eigenen Schulden zu bauen.