Die CDU Schleswig-Holstein hat einen neuen Versuch gestartet, die Präambel der Landesverfassung zu ändern. Künftig soll sie – ähnlich wie das Grundgesetz – eine „Verantwortung vor Gott und den Menschen“ enthalten. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sieht darin ein Bekenntnis zu gemeinsamen Werten und zur religiösen Vielfalt. Unterstützung erhält er von der evangelischen Nordkirche, dem katholischen Erzbistum Hamburg und zwei jüdischen Gemeinden.

Brisant wird das Vorhaben jedoch durch die Beteiligung islamischer Organisationen. Zu den Unterstützern zählen die staatlich-türkische Ditib, der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) und die Islamische Religionsgemeinschaft Schura. Gerade diese Gruppen stehen seit Jahren in der Kritik – wegen Kontakten zu autoritären Regimen, Nähe zu islamistischen Predigern oder antisemitischen Äußerungen in ihren Reihen.

Für die CDU ist die Kooperation mit muslimischen Verbänden ein Signal des Miteinanders. In Schleswig-Holstein leben inzwischen rund 150.000 Muslime, viele davon türkischer Herkunft. Günther spricht von einem „überkonfessionellen Wertefundament“, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken solle

Kritiker sehen das völlig anders. Der Zentralrat der Konfessionsfreien warnt vor einem „Pakt mit dem politischen Islam“. Wenn ausgerechnet Organisationen mit problematischem Hintergrund den Gottesbezug vorantreiben, verliere das Projekt seine Glaubwürdigkeit. Auch säkulare Stimmen verweisen darauf, dass Schleswig-Holstein das säkularste Bundesland Deutschlands ist – mehr als die Hälfte der Einwohner gehört keiner Kirche oder Religionsgemeinschaft an.

Rückkehr eines alten Themas

Ein ähnlicher Versuch war bereits 2016 gescheitert. Damals hatte der Landtag eine Formulierung abgelehnt, die neben dem Glauben an Gott auch „andere universelle Quellen gemeinsamer Werte“ erwähnte. Nun wagt die CDU einen neuen Anlauf – diesmal mit einem breiteren religiösen Bündnis.

Noch ist unklar, ob der Vorschlag im Landtag die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit findet. Die Grünen und die SPD sind gespalten, die FDP äußert sich zurückhaltend. Für Günther wäre der Gottesbezug ein Prestigeprojekt, das seine Partei als Bewahrerin christlicher Werte positionieren soll. Doch der Preis dafür könnte hoch sein: Der Schulterschluss mit islamischen Organisationen, die teils vom Verfassungsschutz beobachtet werden, birgt erhebliches Konfliktpotenzial. Auch ist die Wortwahl und Interpretation fraglich: Denn mit "Gott" werden die Islamisten natürlich Allah meinen, den sie so in die Verfassung aufnehmen wollen.

Am Ende steht die Frage, ob Schleswig-Holstein wirklich ein religiöses Bekenntnis braucht – oder ob der Versuch, Gott in die Verfassung zu schreiben, nur ein Symbol ohne Wirkung ist. Ein Symbol allerdings, das schon jetzt mehr spaltet als eint.