Eine Lektion in Machiavellismus: Die neue tschechische Regierung verspricht Unmögliches
Obwohl alle wissen, dass dieser ideale Hafen nicht existiert, besteht das Prinzip der heutigen Politiker darin, ihren Wählern ständig die Vorstellung zu vermitteln, dass ein solcher Hafen schon in greifbarer Nähe ist. Dass wir ihn in der nächsten Legislaturperiode sicher erreichen werden. In Wirklichkeit ist Politik jedoch ein ständiges Manövrieren zwischen Untiefen und Stürmen.
Und gerade die durchgesickerte Programmerklärung der entstehenden tschechischen Regierung bietet diese beiden Ansätze in einem. Der erste ist natürlich deutlich populistisch, da es sich um eine Fortsetzung des Wahlkampfs handelt. Der zweite Ansatz dieses Dokuments deutet jedoch auf eine gewisse Manövrierfähigkeit der neuen Regierung hin.
Mit Versprechungen kann man nichts falsch machen
Man muss kein Wirtschaftsexperte sein, um zu erkennen, dass die neue Regierung Unerfüllbares verspricht: keine Steuererhöhungen, eine bessere Wirtschaftspolitik, die Schaffung eines kleinen, effizienten Staates.
Diese Parolen hören wir seit zwanzig Jahren sehr oft, sei es von der Opposition oder von der neuen Koalition. Alle wollen einen effizienten, funktionierenden Staat ohne Schulden.
Die politische Realität sieht immer anders aus. Die Staatsverschuldung wächst und mit ihr die Gehälter der Politiker. Das hat sich bisher unter keiner Regierung nach dem November 1989 geändert. Aber schauen wir uns einmal an, worauf sich die tschechischen Bürger in den nächsten vier Jahren konkret freuen können.
Prioritäten im Energiesektor
Die Regierung will für günstige Energie sorgen. Das ist sicherlich eine sehr gute Idee, denn Wirtschaft ist in gewisser Hinsicht nichts anderes als umgewandelte Energie. In der heutigen Welt gilt mehr denn je, dass günstige Energie mehr Wirtschaftswachstum bedeutet.
Die neu gebildete Regierung will der Kernenergie Vorrang einräumen. Auch das könnte man als Ausdruck gesunden Menschenverstands bezeichnen.
Wo die Pläne der neuen Regierung jedoch an die Realität stoßen, ist die Art und Weise, wie dieser Schritt umgesetzt werden soll. Das wichtigste Mittel soll die Übernahme der hundertprozentigen Kontrolle über den größten Stromerzeuger des Landes, die Gesellschaft ČEZ, sein, um den Einfluss des Staates auf die Energiepreise zu stärken. Das Problem ist jedoch, dass die Energiepreise nicht vom Staat, sondern vom Markt bestimmt werden. Außerdem handelt es sich nicht um einen völlig freien Markt, sondern um einen Markt, der den europäischen Vorschriften unterliegt. Und genau diese müssten geändert werden.
Die Verstaatlichung von ČEZ löst das Hauptproblem nicht. Außerdem würde die Regierung die goldenen Eier in Form von Dividenden verlieren. Dank seiner Beteiligung an diesem Unternehmen hat der Staat bereits heute praktisch Einfluss auf alle strategischen Entscheidungen des Unternehmens.
Die Rücknahme von ČEZ von der Börse würde vor allem den tschechischen Kapitalmärkten schaden, da die Prager Börse ihren meistgehandelten Titel verlieren würde. Ebenso werden der Kauf und der Bau neuer Kernkraftwerksblöcke enorme Summen kosten. Und woher soll das Geld kommen, wenn schon jetzt die Staatskasse leer ist?
Ein weiterer wichtiger Punkt im Programm ist die Ablehnung der ETS-2-Quoten und die Überarbeitung des gesamten Green Deal. Das klingt wiederum nach einem sehr ehrgeizigen Plan, aber es handelt sich um ein europaweites Problem, nicht um ein rein nationales. Es ist fraglich, ob die tschechische Regierung auf europäischer Ebene genügend Verbündete finden wird, um dies zu ändern. Die Ablehnung der Quoten zu versprechen, ohne dass eine realistische Chance besteht, sie zu stoppen, ist bis zu einem gewissen Grad eine Ausrede. So könnten wir Punkt für Punkt die gesamte Regierungserklärung durchgehen. Die tatsächliche Politik spielt sich jedoch immer zwischen dem ab, was die Regierung möchte, und dem, was sie sich leisten kann.
Der Anti-Fial-Aspekt des Programms
Der Entwurf der Programmerklärung der neuen tschechischen Regierung enthält eine Reihe von Aufhebungen von Maßnahmen, die die Regierung Fial eingeführt hat. Das neue Kabinett will die Erhöhung der Abgaben für Selbstständige begrenzen und den Steuerfreibetrag für Ehepartner oder Kindergartengebühren wieder einführen. All diese Maßnahmen werden etwas kosten, aber wir sprechen immer noch nur von einigen Milliarden bis zu einigen Dutzend Milliarden tschechischen Kronen, sodass die Chancen für ihre Umsetzung relativ groß sind. (Eine Milliarde tschechische Kronen entspricht umgerechnet etwa 41 Millionen Euro – Anmerkung der Redaktion).
Auch hier können wir uns fragen, ob beispielsweise die Wiedereinführung der Kindergartengebühren nicht unnötig ist und nur ein kindischer Ausdruck von Antifialismus ist. Es werden nämlich immer weniger Kinder geboren, sodass es keinen so großen Überhang an Kapazitäten in Kindergärten gibt. Der Mangel an Plätzen in staatlichen Kindergärten betrifft vor allem die Einwohner großer Städte, die nicht zu den Wählerhochburgen der neu gebildeten Regierung gehören.
Die scheidende Regierung musste viel Mut aufbringen, um die Kindergartengebühren als unpopuläre Maßnahme abzuschaffen. Die einzige konkrete Maßnahme im Bereich der Steuererhebung soll die Wiedereinführung der Registrierkassen EET sein, die von der Regierung Fiala abgeschafft worden waren.
Ein großer Rückschritt im Bereich der Rentenreform ist die Wiedereinführung des Rentenalters von 65 Jahren. Dabei ist überhaupt nicht klar, wie die Regierung dem ungünstigen demografischen Trend begegnen und gleichzeitig einen ausgeglichenen Haushalt aufrechterhalten will.
Anstelle von Reformen bietet die Regierung also nur eine Begleichung der Rechnungen an – eine Geste, die zwar entschlossen wirkt, aber keine echte Lösung darstellt.
NATO, EU und Israel bleiben unberührt
Wenn wir uns von einem gewissen politischen Idealismus befreien, stellen wir fest, dass Andrej Babiš in seiner Vorgehensweise unglaublich pragmatisch ist. Der alte neue Ministerpräsident nutzt die Tatsache, dass er mit seinen 71 Jahren heute der erfahrenste Politiker ist.
In einer Regierung war er Finanzminister, in einer anderen führte er sie und war dann vier Jahre lang in der Opposition. Er hat alle Angriffe der Journalisten und Gerichtsverfahren überstanden. Nur Filip Turek hat vielleicht eine dickere Haut als Babiš.
Die Bildung einer Regierung ist verfassungsrechtlich ein heikler Moment, und in diesem Zusammenhang hat der tschechische Präsident relativ große Macht. Er ist zwar mediengewandt, hat aber sehr wenig politische Erfahrung.
Bisher hat er nur mit Premierminister Fiala verhandelt, mit dem er die gleichen Werte teilt. Bei Babiš ist das nicht der Fall. Der Chef der ANO-Bewegung ist zwar kein ausgesprochener Feind, aber es ist anzunehmen, dass ehemalige junge kommunistische Kader auch nach der Zeit, die seit der Samtenen Revolution vergangen ist, noch etwas gemeinsam haben.
Babiš zeigte seine Bereitschaft, indem er dem Präsidenten seine programmatische Erklärung über eine Datenbox zusandte. Damit stellte er sicher, dass die Erklärung mehr oder weniger bekannt sein würde, bevor sie offiziell veröffentlicht wurde. Am Montag präzisierte Babiš zudem, dass es sich lediglich um einen Vorschlag für den Präsidenten handele. Die endgültige Fassung könne anders aussehen. Mit anderen Worten: Er hat einen Versuchsballon gestartet.
Das Programm enthält nichts, was selbst den wachsamsten Atlantiker beunruhigen könnte: NATO, EU und Israel bleiben unangetastet. Eine solche Regierung abzulehnen, würde für Präsident Pavel bedeuten, sich selbst zu verleugnen. Solange die Hauptlinie der Regierungspolitik im Einklang mit den verfassungsrechtlichen und internationalen Verpflichtungen des Landes steht, sind personelle Vorbehalte zweitrangig.
Schließlich hat sich auch Präsident Zeman nicht getraut, Jan Lipavský nicht zum Chef des Außenministeriums zu ernennen, obwohl ihre Ansichten auseinander gingen. Babiš bereitet so klugerweise den Boden dafür, dass Präsident Pavel alle seine Vorschläge für Ministerposten akzeptieren muss.