Nach monatelangen Verhandlungen haben die Schweiz und die USA einen bemerkenswerten Durchbruch im transatlantischen Zollkonflikt erzielt. Künftig sollen US-Zusatzzölle auf Schweizer Industrieprodukte nicht länger bei drückenden 39 Prozent liegen, sondern auf maximal 15 Prozent sinken. Damit fällt ein erheblicher Wettbewerbsnachteil gegenüber der EU und Japan weg – allerdings zu einem hohen Preis.
Erstmals verkündete der amerikanische Handelsbeauftragte Jamieson Greer vor dem Wochenende die Einigung, wenig später folgten Bundesrat Guy Parmelin und Staatssekretärin Helene Budliger Artieda. Die nun vorliegende Absichtserklärung soll in den nächsten Monaten in ein verbindliches Abkommen überführt werden. Parmelin sprach von einer „großen Erleichterung für die Schweizer Wirtschaft“, die unter den Strafzöllen massive Einbußen erlitten hatte.
Koste es, was es wolle? 200 Milliarden Dollar Investitionszusagen
Der Zollabbau wird den USA nicht gratis gewährt. Die Schweiz verpflichtet sich, dass Schweizer Unternehmen bis Ende 2028 200 Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten investieren. Laut Budliger Artieda entfällt der größte Anteil auf den Pharmasektor. Eine detaillierte Investitionsliste bleibt vertraulich, da sie teils börsensensible Daten enthalte. Bekannt ist jedoch, dass Pilatus eine große Produktionsstätte in den USA errichtet und Stadler Rail bereits im Bundesstaat Utah investiert.
Das Weiße Haus wird deutlicher: Mindestens 67 Milliarden Dollar sollen schon 2026 fließen, um „gut bezahlte Jobs in allen Bundesstaaten“ zu schaffen. Zudem erwartet Washington einen ausgeglichenen bilateralen Handel – ein Ziel, das die Schweiz selbst so nie formuliert hat. Das Handelsdefizit lag 2024 (inkl. Liechtenstein) bei 38,5 Milliarden Dollar.
Konzessionen im Agrarbereich
Zusätzlich senkt die Schweiz Zölle auf bestimmte US-Agrarprodukte: Vorgesehen sind zollfreie Kontingente für Rindfleisch, Bisonfleisch und Geflügel. Für den Schweizer Bauernverband bleibt dies ein heikles Thema. Direktor Martin Rufer kündigte an, das Abkommen genau zu prüfen – entscheidend sei, dass auch die USA ihre Zölle auf Käse reduzierten.
Wirtschaft begrüßt das Signal, warnt aber vor Illusionen
Trotz der Erleichterung bleibt Skepsis. Swissmem betont, der Zollabbau beseitige lediglich die akute Benachteiligung gegenüber der EU, doch die Lage bleibe angespannt: neun Quartale sinkender Umsatz, starkem Franken und anhaltende Marktsorgen. Auch Economiesuisse spricht von einem „positiven Signal“, mahnt aber angesichts zunehmenden globalen Protektionismus zur Vorsicht.
SVP gratuliert den Verhandlern
Bemerkenswert früh zeigte sich die SVP zufrieden und gratulierte den Verhandlern, noch bevor der Bund den Deal offiziell bestätigt hatte. Für die Partei beweist das Ergebnis, dass die Schweiz international handlungsfähig bleibt, ohne sich politisch stärker binden zu müssen. Der geplante EU-Vertrag sei daher „keine Lösung“.
Während noch unklar ist, wann die neuen Zollregelungen endgültig in Kraft treten, hoffen beide Seiten auf rasche technische Anpassungen. Bis dahin gilt: Die Schweiz hat eine kostspielige Atempause gewonnen. Österreich und Deutschland bleiben in den bekannten Zoll-Bedingungen gefangen, die Von der Leyen mit Donald Trump ausverhandelt hat: US-Zölle von 15 % - und milliardenteure Zusagen für den Kauf von Energie in den USA.
Der Bericht ist vorab in der NZZ erschienen: Einigung im Zollstreit: US-Zölle auf Schweizer Exporte sinken auf 15 Prozent