Studie: Die Klimakleber von gestern sind die Vielflieger von heute

Die Gen Z reist pragmatischer als ihr Image verspricht. Entscheidend sind Tempo und Verlässlichkeit – wie zuletzt selbst bei Lena Schillings COP30-Auftritt sichtbar wurde.

Lena Schilling. Foto: Lisa Leutner / REUTERS

Lena Schilling. Foto: Lisa Leutner / REUTERS

Über Jahre prägten Klimaaktionen das Bild der jungen Generation: Fridays-for-Future-Demonstrationen, Straßenblockaden, vehemente Kritik an Autos und Flugverkehr. Doch laut einer umfassenden Studie der ADAC-Stiftung rückt der Alltag die Prioritäten zurecht. Die Gen Z entscheidet weit weniger ideologisch, als es die öffentlichen Debatten vermuten lassen. Sie wählt das Verkehrsmittel, das funktioniert – nicht jenes, das moralisch am besten klingt.

Tempo, Verlässlichkeit, Kosten und Flexibilität: Diese vier Kriterien dominieren eindeutig. Für Umweltfreundlichkeit entschieden sich nur zwölf Prozent der Befragten, weniger als in der Gesamtbevölkerung.

Mehr Komfort als Klimapolitik

Die Analyse, erstellt mit SINUS-Institut und Universität Duisburg-Essen, gilt als die umfassendste Studie zum Mobilitätsverhalten der jungen Generation. Ihr Kernergebnis: Nachhaltigkeit wird geschätzt, aber selten gelebt – vor allem, weil die Alternativen zu unsicher sind.

Ein Blick auf die Urlaubsreisen zeigt das deutlich: 37 Prozent der Gen Z sind zuletzt geflogen, mehr als jede andere Altersgruppe. Selbst bekannte Klimaakteure setzen im Ernstfall auf pragmatische Fortbewegung. Die österreichische EU-Abgeordnete Lena Schilling, die aktuell wegen des Feuers auf dem COP30-Gelände in Brasilien Schlagzeilen machte, war ebenfalls per Flug angereist – ein nüchternes Beispiel dafür, dass selbst engagierte Klimapolitiker dem praktischen Weg folgen.

Parallel dazu sinkt die Zufriedenheit mit den vorhandenen Angeboten dramatisch. Nur jeder Zehnte hält die Mobilität in seiner Region für gut. Unzuverlässige Apps, verspätete Bahnen und ausgedünnte Sharing-Systeme prägen das Bild.

Trotz der strukturellen Defizite bleibt der öffentliche Verkehr das meistgenutzte Verkehrsmittel der Gen Z. 59 Prozent steigen wöchentlich in Bus oder Bahn – deutlich mehr als in der Gesamtbevölkerung. Hinzu kommen E-Scooter, Fahrräder und Carsharing, die die Generation flexibel kombiniert.

Diese Vielseitigkeit ist weniger Ausdruck eines Lebensstils als eine pragmatische Reaktion. Die Studie spricht von einer Entideologisierung der Mobilitätsdebatte: Mobilität wird zunehmend als Infrastrukturleistung begriffen. Politische Versprechen, etwa eine große Verkehrswende, stoßen auf Skepsis. Nur 43 Prozent glauben an deren Realisierbarkeit.

Trotz aller Debatten bleibt das Auto ein zentraler Bestandteil der Fortbewegung. 58 Prozent der Gen Z besitzen einen Führerschein, 48 Prozent nutzen regelmäßig den Pkw. Dem Auto haftet für viele weniger ein ideologisches Stigma an – es ist schlicht die einzige verlässliche Möglichkeit, um pünktlich anzukommen. Besonders außerhalb urbaner Zentren spielt dieser Faktor eine große Rolle.

Zudem unterscheidet die Studie verschiedene Milieus innerhalb der Generation. 37 Prozent werden progressiven, technologieoffenen Gruppen zugerechnet – deutlich mehr als im Rest der Bevölkerung. Doch selbst dort bleibt der Alltag der limitierende Faktor: Zwischen Anspruch und Realität klafft eine breite Lücke.

Dominierend ist ein Wunsch nach Wahlfreiheit: Verkehrsmittel sollen kombinierbar, digital eingebunden und jederzeit verfügbar sein. Autonomes Fahren, E-Mobilität und vernetzte Systeme stoßen auf hohe Offenheit – vorausgesetzt, sie funktionieren.

Der Eindruck politischer Widersprüche verstärkt die Skepsis: steigende Kosten des Deutschlandtickets, Debatten über das Verbrenner-Aus, gleichzeitig reduzierte Ticketsteuern für Flüge. Für viele wirkt die Verkehrspolitik nicht aus einem Guss.

Fazit: Pragmatismus statt Protest

Die Gen Z ist kritischer, realistischer und deutlich weniger ideologisch geprägt, als stereotype Zuschreibungen nahelegen. Tempo, Zuverlässigkeit und Kosten bestimmen ihre Entscheidungen – nicht Appelle oder Symbolhandlungen. Nachhaltigkeit bleibt ein Ziel, aber nur dann, wenn sie sich nicht gegen den Alltag richtet.