Ganz Europa drohe eine wachsende Gefahr durch Drohnen: Insbesondere der Schutz kritischer Infrastruktur wie Flughäfen rückt zunehmend in den Fokus. Sicherheitsexperten aus europäischen Ländern warnen, dass die Bedrohung durch unbemannte Fluggeräte nicht mit dem Kriegsende in der Ukraine enden dürfte, sondern im Gegenteil noch massiver sein könnte.

"In europäischen Sicherheitskreisen herrscht die Annahme, dass nach dem Ende des russischen Angriffskriegs zahlreiche fortgeschrittene Waffensysteme über intransparente Kanäle in die Hände krimineller Netzwerke gelangen könnten", warnt dazu nun Österreichs Innenminister Gerhard Karner in einem Interview mit der WELT. Und er meint: "Dazu zählen nicht nur organisierte Verbrecher, sondern auch Kleinkriminelle."

Bei Kriegsende könnten tausende Drohnen an Kriminelle gehen

Vor diesem Szenario warnen Fachleute – und ziehen Parallelen zur Zeit nach dem Zerfall Jugoslawiens in den 1990er-Jahren, als moderne Militärausrüstung den Schattenmärkten zufloss.

Innenminister Gerhard Karner: „Hochgefährliche modernste Drohnentechnik, die sich in der Hand von skrupellosen Kriminellen befindet – das dürfte die Staaten in Europa vor ganz neue Herausforderungen stellen. Wir brauchen darauf schnelle und europaweit koordinierte Antworten." Karner fordert dazu eine enge Kooperation zwischen allen zivilen und militärischen Einheiten.

Der Minister betont: „Wir verfügen seit Jahren über eine Drohnenabwehrstrategie. Es geht jetzt angesichts der neuen Herausforderungen und vermehrter Störungen durch Drohnen aber darum, diese Strategie zwischen zivilen und militärischen Einheiten, also Polizei und Bundesheer, aber auch den Flughafenbetreibern enger zu koordinieren und zu verfeinern. Natürlich gibt es unterschiedliche Methoden, Drohnen auszuschalten, wie Störung der Funkfrequenzen, Abschuss oder Einfangen durch Netze. Aber so einfach, wie es sich anhört, sind derartige Maßnahmen nicht. Die Erfahrungen der Ukraine können uns bei der Ausarbeitung einer optimalen Drohnenabwehrstrategie sicherlich helfen.“

Gemeldete Vorfälle, aber nie Fotos oder Videos

Konkrete Vorfälle zeigen bereits, dass drohnenbedingte Sicherheitslücken kein theoretisches Problem bleiben. Dabei werden auch Beispiele aus anderen europäischen Städten genannt: So gab es zuletzt Meldungen über Drohnen-Vorfälle in München, Frankfurt und sogar in Belgien. In München wurde ein Flughafen aufgrund einer unidentifizierten Drohne zeitweise gesperrt, in Frankfurt war ein ähnlicher Vorfall zu verzeichnen, der zu massiven Sicherheitsmaßnahmen führte. Allerdings: Von all diesen Vorfällen existiert keine Bild-Dokumentation.

Belgiens Behörden warnen zudem vor Drohnen, die offenbar gezielt zur Überwachung kritischer Verkehrsknotenpunkte eingesetzt werden könnten. Diese Ereignisse untermauern die Annahme der Sicherheitskreise, dass Drohnen nicht nur als Werkzeuge reiner Aufklärung genutzt werden, sondern auch zunehmend in Angriffsszenarien eine Rolle spielen könnten.

Um dieser wachsenden Bedrohung zu begegnen, fordern Fachleute und Entscheidungsträger ein systematisches Vorgehen. Nicht nur national, sondern auf EU-Ebene müsse eine abgestimmte Strategie entwickelt werden, die nicht nur auf reaktive Maßnahmen setzt, sondern auch proaktive Prävention beinhaltet. Dazu gehört ein lückenloses Überwachungssystem, etwa bei Flughäfen, eine verbesserte technische Infrastruktur für das Frühwarnsystem und eine eng verzahnte Kooperation zwischen Polizei, Luftfahrtbetreibern und den Streitkräften.