Ein Lokalaugenschein, der wehtut: Wo noch bis zum Sommer der fast fertige Rohbau des geplanten Edel-Kaufhauses von Immobilien-Jongleur Rene Benko stand, klafft nach der Milliardenpleite seiner Signa ein riesiges Loch. Bagger, die sich mit ihren Schaufeln durch die Ruine fressen, wirken wie Miniatur-Fahrzeuge, überall hängen Kabel aus den Wänden, der Lärm der Presslufthämmer ist ohrenbetäubend.

Sobald es dunkel wird, erleuchten Scheinwerfer das unwirklich wirkende Szenario, vor dem Passanten staunend stehen bleiben. Oder Kopfschüttelnd, weil auch sie nicht glauben können, dass ein Rohbau, der bereits 290 Millionen Euro verschlungen hatte, einfach dem Erdboden gleichgemacht wird.

Vor dem Nachthimmel wirkt die Baustelle vier Wochen vor Heiligabend wie die traurigste Weihnachtsbeleuchtung der Stadt. Wie ein eiskaltes Gerippe, das den Betrachter frösteln lässt. Wie das letzte Kapitel einer Geschichte, die von Anfang an auf Sand gebaut war. Benko versprach das Blaue vom Himmel und die Stadt opferte bereitwillig eines ihrer Filetstücke an der größten Einkaufsstraße Österreichs.

Benko / Abriss / Mariahilfer Straße
Traurige Weihnachten auf Wiens berühmtester Baustelle.

Von den acht Stockwerken bleibt nur das unterste stehen, die Gebäudehülle bleibt. Im Erdgeschoss sollen später Ladenlokale einziehen, darüber plant der neue Investor (Stumpf-Gruppe), der die Mega-Baustelle für 100,5 Millionen Euro erwarb, Wohnungen und Büros. Laut neuem Eigentümer ist konkret vorgesehen, auf rund 12.000 Quadratmetern im Untergeschoss und im Erdgeschoss Verkaufsflächen zu errichten. Darüber sollen auf 15.500 Quadratmetern 200 Wohnungen mit Freiflächen entstehen. Das geplante Hotel mit 220 Zimmern im hinteren Bereich soll bestehen bleiben und in Betrieb gehen, ebenso wie die öffentlich begehbare Dachterrasse. 2027 könnte es soweit sein, eher wohl 2028.

Die Terrasse muss umgesetzt werden, da dort ein Nutzungsrecht (Servitut) vereinbart wurde, auf das vor allem der Bezirk pochte. Gibt es die versprochene Freifläche für die Bevölkerung nicht, wird es auch keine Fertigstellungsanzeige geben, betonte man im Rathaus.

Benko / Abriss / Mariahilfer Straße
Die obersten Stockwerke des Lamarr werden komplett abgerissen, nur das Untergeschoss bleibt.