Rekordumsätze bei der Aufrüstung: 586 Milliarden Euro für neue Waffensysteme

Ukraine-Krieg, Nahostkonflikt um Gaza und die Aufmunitionierung der Nato: Weltweit profitiert die Rüstungsindustrie von der angespannten geopolitischen Lage. Die Bilanz: plus sechs Prozent gesamt, sogar ein Zuwachs von 36 Prozent in Deutschland.

"2024 haben die weltweiten Rüstungsumsätze den höchsten Punkt erreicht, den wir jemals gemessen haben. Sie lagen bei 679 Milliarden US-Dollar", sagte SIPRI-Forscher Lorenzo Scarazzato: "Generell setzen die Staaten weniger auf Diplomatie, sondern eher auf militärische Stärke", so Scarazzato. Von der Aufrüstung mit Panzern und anderen traditionellen Waffensystemen ebenso wie mit Drohnen profitieren vor allem die Hersteller in Europa. Fast alle 26 europäischen Rüstungskonzerne auf der SIPRI-Liste melden Umsatzsteigerungen, insgesamt verzeichnen die europäischen Firmen ein Plus von 13 Prozent.

Für die deutschen Produzenten Rheinmetall, ThyssenKrupp, Hensold und Diehl ging es sogar um 36 Prozent nach oben. "Die vier größten deutschen Rüstungskonzerne haben stark von den laufenden Aufrüstungsprogrammen in Europa profitiert", so Scarazzato. "Deutschland selbst gehört zu den Ländern, die ihre Militärausgaben erhöhen und mehr für die eigene Armee und auch mehr für die Ukraine beschaffen. Gleiches gilt für andere europäische Staaten, die bei deutschen Unternehmen einkaufen."

Mit Vorhersagen für die Zukunft halte man sich bei SIPRI eigentlich zurück, so Scarazzato weiter. Aber angesichts der laufenden Kriege sehe es nicht so aus, als würde sich die Waffenproduktion in absehbarer Zeit verlangsamen. "Meine Prognose ist daher, dass die Rüstungsumsätze noch weiter steigen werden." Er hoffe, dass er sich irre, fügt der Friedensforscher noch hinzu.

Rüstungsindustrie und Aktionäre hätten "Friedensangst"

Angesichts dieser Entwicklungen scheint das neue Unwort von der "Friedensangst" noch grotesker als ohnehin schon. An der Börse geht die Sorge der Anleger um, dass durch Friedensverhandlungen zu Ukraine und Gaza der Boom für neue Waffen einbrechen könnte. So ist zuletzt die Aktie des deutschen Branchenführers Rheinmetall unter Druck geraten. Nicht wegen schlechter Zahlen, sondern wegen guter Nachrichten.

Vom "Wall-Street-Zittern bei Waffenruhe" war die Rede. Es ist paradox: Nicht der Krieg ist das neue Trauma, sondern sein Ausbleiben. Vergangene Woche sind deshalb die Aktienkurse nicht nur von Rheinmetall nach unten gegangen. Auch die Papiere der Renkgruppe stehen unter Druck, in Schweden erwischte es Saab, in Frankreich Thales. Die italienische Leonardo-Gruppe und die britische BAE Systems kämpfen ebenso mit Verlusten.

Österreich hilft - ein wenig - der Leonardo-Gruppe und kauft um 1,5 Milliarden Euro 12 neue Kampf- und Trainingsjets. Trotz der Budgetkrise im eigenen Land, trotz EU-Defizitverfahren.