Die Anlagepolitik der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) kommt bei einem aktuellen Bericht des Rechnungshofes ganz schlecht weg: Die staatlichen Prüfer haben auf Antrag der SPÖ die Geldveranlagungen der Jahre 2019 bis 2023 untersucht – und zeichnen ein Bild, das für die traditionsreiche Institution wenig schmeichelhaft ausfällt. Insbesondere die schweren Verluste des Jahres 2022, die sich auf nahezu 2,3 Milliarden Euro summierten, bilden den Kern der Beanstandungen.
Die Ursache dafür lag vor allem in massiven Kursverlusten bei Staatsanleihen. Diese galten lange Zeit als risikoarm – bis die Kombination aus explodierender Inflation und rasant steigenden Leitzinsen die Märkte erschütterte. Die Folge waren dramatische Wertverluste, denen auch die Anleihebestände der OeNB nicht entkamen. Parallel dazu gerieten in diesem turbulenten Umfeld auch Aktienmärkte stark unter Druck.
Trotz der schlechten Marktentwicklung wies die OeNB in ihrer Bilanz 2022 keinen Verlust aus. Möglich wurde dies durch die Auflösung von Risikovorsorgen in Höhe von fast zwei Milliarden Euro. Ein Polster, das inzwischen vollständig verbraucht ist. 2024 weist die Nationalbank daher – wie viele europäische Notenbanken – empfindliche Fehlbeträge aus: 2,1 Milliarden Euro plus einen ähnlich hohen Verlustvortrag.
Der Rechnungshof kritisiert vor allem das Tempo der Reaktion. Obwohl die Märkte bereits 2022 klare Signale gaben, passte die OeNB ihre Strategie erst im März 2023 an. Der Generalrat habe selbst eine frühere Kurskorrektur gefordert, heißt es. Zudem bemängeln die Prüfer, dass die strategische Vermögensaufteilung bereits Anfang 2024 erneut „grundlegend verändert“ werden musste, weil das Risikoprofil nicht abgedeckt war. Das Volumen der Eigenveranlagungen schrumpfte dadurch von 23 auf 12 Milliarden Euro – ein drastischer Einschnitt, den der Rechnungshof als Hinweis auf „konzeptionelle Mängel“ wertet.
Kritik an der technischen Infrastruktur
Ein weiteres Problem betrifft die IT-Systeme der Nationalbank. Obwohl die OeNB 2021 ein neues Veranlagungs- und Risikokonzept verabschiedet hatte, konnte die technische Infrastruktur zentrale Anforderungen nicht erfüllen. Die Prüfer halten fest, die Bank sei zeitweise nicht in der Lage gewesen, ihre Gesamtveranlagung vollständig abzubilden oder Risiken zuverlässig zu steuern. Ein Zustand, der aus Sicht der Aufsicht problematisch ist, schließlich kontrolliert die OeNB selbst österreichische Geschäftsbanken.
Erst ein neues, jedoch deutlich verspätetes Treasury-Projekt soll Abhilfe schaffen. Es soll Ende 2026 fertiggestellt werden – zweieinhalb Jahre später als geplant. Besonders heikel: Die OeNB konnte den Prüfern nicht genau darlegen, welche Anlageklassen welche Ergebnisse geliefert hatten. Der Rechnungshof fordert daher eine umfassende Modernisierung der technischen Infrastruktur.
Die Nationalbank verweist in ihrer Stellungnahme darauf, dass viele Empfehlungen bereits umgesetzt seien und der Rechnungshof den „konservativen Ansatz“ der OeNB ausdrücklich würdige. Man habe stets im Rahmen des Risikorahmenwerks gehandelt und die Marktentwicklungen laufend berücksichtigt, betont die Bank.