Nach elf Jahren: Österreichs Justiz muss 155 Millionen Euro an Dmytro Firtasch überweisen

Die Überweisung werde bereits vorbereitet, hörte statement.at aus Justizkreisen: Die Republik Österreich muss nun 125 Millionen Euro plus Zinsen an den Oligrachen Dmytro Firtasch zurückbezahlen.

Dmitry Firtash. Foto: Danil Shamkin/NurPhoto via Getty Images

Dmitry Firtash. Foto: Danil Shamkin/NurPhoto via Getty Images

WIEN. Selbst für einen Oligarchen wie Dmytro Firtasch (60) ist dies eine durchaus beachtliche Summe: Die Republik Österreich, die ohnehin in einem Budget-Loch herumtaumelt und auch per EU-Defizitverfahren unter der Finanz-Kontrolle Brüssels steht, muss dem in Wien lebenden ukrainischen Geschäftsmann nun die von ihm 2014 gestellte Kaution in der Höhe von 125 Millionen Euro zurücküberweisen - allerdings plus Zinsen. Bei einer Verzinsung von nur zwei Prozent wären das immerhin mehr als 30 Millionen Euro. 155 Millionen Euro sind der Gegenwert von etwa 258 Einfamilienhäusern oder drei Black-Hawk-Hubschraubern des Bundesheeres oder auch von 91.176 monatlichen Durchschnittspensionen.

Firtasch kommt somit dank der österreichischen Justiz rückwirkend auf ein arbeitsloses Einkommen von etwa 30 Millionen Euro - das wären elf Jahreseinkommen zu je 2,7 Millionen Euro oder 132 Monatsbezüge zu 227.000 Euro. Natürlich: Wenn der in Österreich lebende Geschäftsmann die 125 Millionen Euro selbst anlegen hätte können, wäre der Gewinn ziemlich sicher noch wesentlich höher.

Der Kampf Firtaschs gegen die Justiz in Österreich und den Vereinigten Staaten ist jetzt aktuell zu seinen Gunsten entschieden worden: Am 9. Dezember 2025 hat das Oberlandesgericht Wien die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen vom 7. Oktober 2025 als unzulässig verworfen. Die Entscheidung, dass das Verfahren gegen Dmytro Firtasch eingestellt wird, ist rechtskräftig und unanfechtbar.

Dmytro Firtasch, Credit: APA
Dmytro Firtasch Credit: APA

Damit ist die von der US-Justiz geforderte Auslieferung des Oligarchen an die Vereinigten Staaten endgültig ausgeschlossen. Die US-Anklage wegen mutmaßlicher Bestechungsvorwürfe im Zusammenhang mit einem Titanbergbau-Projekt in Indien (aus den Jahren 2005 bis 2006) wird nicht weiterverfolgt. Firtasch kann nun auch in Österreich bleiben und ist von allen Auflagen befreit.

Die Rückzahlung der Kaution

Die 125 Millionen Euro Kaution, die Firtasch am 12. März 2014 (kurz nach seiner Verhaftung in Wien) geleistet hatte, müssen nun an ihn zurückgezahlt werden. Dies ergibt sich zwingend aus der rechtskräftigen Einstellung des Extraditionsverfahrens. Die Kaution war als Sicherstellung für die Auslieferungshafteinschränkungen festgesetzt worden und stellt den höchsten dafür verwendeten Betrag in der österreichischen Justizgeschichte dar.

  • Rechtliche Grundlage: Gemäß österreichischem Strafprozessrecht (§ 190 StPO) ist eine Kaution bei Einstellung des Verfahrens unverzüglich zurückzuerstatten. Zinsen auf den Betrag (basierend auf der gesetzlichen Verzinsung) sind ebenfalls fällig und könnten den Gesamtbetrag auf über 150 Millionen Euro anheben.
  • Zeitlicher Ablauf: Die Rückzahlung erfolgt in den kommenden Wochen, sobald administrative Formalitäten (Prüfung auf offene Ansprüche) abgeschlossen sind. Es gibt keine Anhaltspunkte für Verzögerungen oder Abzüge.
  • Finanzielle Implikationen: Für die österreichische Justiz bedeutet dies eine Belastung in Höhe des vollen Betrags plus Zinsen. Firtaschs Group DF hatte die Kaution aus liquiden Mitteln finanziert; die Rückerstattung stärkt zusätzlich sein Vermögen, das durch Sanktionen seit 2014 etwas geschmälert worden war.

Der Fall betont die Unabhängigkeit der österreichischen Gerichtsbarkeit in internationalen Extraditionsfragen und schließt ein mehr als zehnjähriges Verfahren ab, das mit mehreren Instanzwechseln (Ablehnung 2015, Genehmigung 2017/2019, erneute Ablehnung 2024/2025) geprägt war.

Dmytro Firtasch - der unauffällige Oligarch in Wien

Dmytro Firtasch, geboren am 2. Mai 1965 in Synkiv (Oblast Ternopil, Ukraine), stammt aus einfachen Verhältnissen: Sein Vater war Lkw-Fahrer und Fahrlehrer, seine Mutter studierte Wirtschaftswissenschaften und Veterinärmedizin. Firtasch absolvierte keine höhere Ausbildung, sondern begann in den 1980er-Jahren als Feuerwehrmann. Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 baute er ein Imperium auf, zunächst im Handel mit Konsumgütern und ab den 1990er-Jahren im Energiebereich.

  • Wirtschaftliche Aktivitäten: Firtasch leitet die Group DF, ein Konglomerat mit mehr als 100 Unternehmen in Energie, Chemie, Düngemitteln, Metallverarbeitung und Medien. Sein Kernbereich ist der Gashandel: 2004 gründete er mit Gazprom das Joint Venture RosUkrEnergo, das Gas aus Zentralasien nach Europa lieferte. Dies machte ihn zu einem der reichsten Ukrainer (Vermögen zeitweise über zwei Milliarden US-Dollar geschätzt). Seit EU- und US-Sanktionen ab 2014 (wegen pro-russischer Verbindungen) ist sein Einfluss eingeschränkt.
  • Politischer Einfluss: Firtasch war in der Ukraine einflussreich, besaß den Sender Inter TV und finanzierte Parteien unter Präsidenten Wiktor Juschtschenko (2005–2010) und Wiktor Janukowitsch (2010–2014). Er galt als pro-russischer Akteur. Nach der Euromaidan-Revolution 2014 verlor er politischen Einfluss. Im Ukraine-Krieg ab 2022 distanzierte er sich etwas von Wladimir Putin und bezeichnete den russischen Angriff als "Seelenraub".
  • Kontroversen: Firtasch wird mit Korruption, Geldwäsche und Verbindungen zu organisiertem Verbrechen in Verbindung gebracht - es gibt dafür aber keine Beweise. Er betont seine Rolle als neutraler Unternehmer.
  • Privatleben: Seit 2014 lebt Firtasch hauptsächlich in Wien. Er ist mit der slowakischen Sängerin Vlasta Chumina verheiratet und hat Kinder aus früheren Ehen. Die Familie wohnt in einer Villa in Wien und besitzt Immobilien in Europa.