Trump hat das Kind namens Ukraine mit dem Bade ausgeschüttet und den Europäern überlassen

Europa muss nun den Krieg in der Ukraine allein finanzieren. Woher soll es die Mittel dafür nehmen? Brüssel setzt auf russische Geldreserven, aber auch das ist nur ein Strohhalm für einen Ertrinkenden.

Donald Trump. Foto: David Hume Kennerly/Getty Images

Donald Trump. Foto: David Hume Kennerly/Getty Images

Der Krieg in der Ukraine hat eine Besonderheit: Seine Verbündeten – die USA, Großbritannien und die Europäische Union – haben zwei Jahre lang ihre moralische Überlegenheit bekräftigt, aber in der Praxis Vorsicht walten lassen.

Anstatt eigene Truppen einzusetzen, griffen sie zu Sanktionen, Exportkontrollen und diplomatischen Gesten, die Moskau abschrecken, aber gleichzeitig ihre eigenen politischen und fiskalischen Haushalte so wenig wie möglich belasten sollten. Diese Bemühungen haben jedoch ihre Grenzen.

Mit dem Amtsantritt von Donald Trump wurden die Karten neu gemischt. Und leider hat Europa, wie zu erwarten war, diesmal sehr schlechte Karten. Trump hat vor allem dafür gesorgt, dass der amerikanische Steuerzahler keinen einzigen Dollar mehr für die Ukraine ausgeben muss. Darüber hinaus wird die amerikanische Wirtschaft davon profitieren, da alle amerikanischen Waffen, die in die Ukraine geliefert werden, von den Europäern bezahlt werden.

Auch die Ausgaben für den Staatsbetrieb

Trump hat genau das getan, was er in seinem Wahlkampf versprochen hat. Er hat das Kind namens Ukraine mit dem Bade ausgeschüttet und den Europäern überlassen. Diese müssen sich nun darum kümmern. Und das bedeutet nicht nur, die Kriegskosten zu bezahlen, sondern auch die volle Verantwortung für den laufenden Betrieb des ukrainischen Staates zu übernehmen.

Der Internationale Währungsfonds schätzt, dass die Ukraine bis Ende 2027 rund 65 Milliarden Dollar (55 Milliarden Euro) für ihren Betrieb benötigen wird. In dieser Schätzung sind jedoch die Militärausgaben in Höhe von 120 Milliarden Dollar (102,5 Milliarden Euro) nicht berücksichtigt. Der Europäische Rat hat sich am 23. Oktober 2025 verpflichtet, die Ukraine weiterhin finanziell in ihrem Funktionieren sowie in ihren militärischen Bemühungen zu unterstützen.

Wenn der Krieg also noch zwei Jahre lang mit derselben Intensität weitergeht, müsste Europa nach dieser Schätzung in diesem Zeitraum rund 185 Milliarden Dollar aus den Taschen der Steuerzahler nehmen. Das ist eine enorme Summe.

Zur Veranschaulichung: Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung im Oktober die bisherige Hilfe der EU seit Beginn des offenen Konflikts auf 177,5 Milliarden Euro beziffert. Aus diesen beiden Zahlen wird deutlich, in welche Sackgasse sich die EU und ihre Führung begeben. Wenn sie 2026 tatsächlich gezwungen sein sollte, die Hauptfinanzierung für die Ukraine zu übernehmen, müsste sie in doppelt so kurzer Zeit etwa den gleichen Betrag ausgeben, den sie seit Beginn des Krieges insgesamt bereitgestellt hat.

Das ist wirtschaftlich unmöglich. Daher bleibt die einzige realistische Option, Kredite für die Fortsetzung des Krieges aufzunehmen.

Ein verlockender, aber undurchführbarer Weg

Die Idee, Geld aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten zu beschaffen, ist für europäische Politiker äußerst verlockend. Es stellte sich jedoch sehr schnell heraus, dass dies praktisch undurchführbar ist. Belgien, wo das Unternehmen Euroclear ansässig ist, das den Großteil der russischen Vermögenswerte verwaltet, befürchtet Vergeltungsmaßnahmen seitens Russlands.

Eine internationale Schlichtung würde die europäische Seite nur schwer gewinnen können. Belgien würde Gefahr laufen, die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Zinsen für dessen gesamte Dauer zu tragen. Eine einfache Beschlagnahmung und Verwendung russischer Vermögenswerte ist daher nicht möglich.

Was von Anfang an klar sein muss: Die Europäische Union kann die eingefrorenen russischen Vermögenswerte nicht auf dem Markt verkaufen und das Geld anschließend an die Ukraine überweisen. Ein solcher Schritt stand nie zur Debatte. Diese russischen Vermögenswerte wurden in der europäischen Denkweise zu einem vorausgesetzten Bestandteil der Kriegsreparationen, die Russland im Rahmen eines möglichen Friedensabkommens an die Ukraine zahlen muss.

Das klingt schön, aber die Realität sieht ganz anders aus. Denn die Bedingungen der Kapitulation werden nicht von den Besiegten, sondern von den Siegern festgelegt. Auch die europäischen Beamten haben allmählich erkannt, dass es äußerst riskant ist, die eingefrorenen Vermögenswerte als sichere russische Reparationen zu betrachten. Das Problem ist nämlich nicht, ob sie technisch beschlagnahmt werden können, sondern wer die Verantwortung trägt, wenn sich die Situation anders entwickelt.

Zum Beispiel, wenn diese Mittel nach Abschluss eines Friedensvertrags zwischen der Ukraine und Russland an Russland zurückgegeben werden müssten. Eine solche Garantie seitens der EU-Mitgliedstaaten zu geben, ist nicht realistisch. Ungarn und die Slowakei haben sich bereits entschieden gegen einen gemeinsamen europäischen Kredit ausgesprochen. Da es sich um eine äußerst schwerwiegende Entscheidung handelt, müsste sie einstimmig getroffen werden. Und das ist heute nicht mehr möglich.

Sogar die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich von dem Vorschlag distanziert und sich geweigert, irgendwelche Garantien zu übernehmen. Kurios war die Begründung der EZB, die darauf hinwies, dass dies einen Verstoß gegen ihre Regeln für die Kreditvergabe an einzelne Staaten darstellen würde. Diese Regelung wurde in der jüngeren Geschichte jedoch oft „vergessen“.

Die Haltung der EZB signalisiert somit eindeutig einen Wandel im Denken dieser wichtigen Institutionen. Noch vor einem Jahr wäre eine solche Garantie wahrscheinlich "durchgegangen". Die Zentralbanker wissen jedoch das Risiko einzuschätzen. Und das Risiko, dass die Ukraine verliert oder dass sie die Friedensbedingungen nicht diktieren kann, ist in ihren Augen zu hoch.

Der Ertrinkende klammert sich an einen Strohhalm

Die Europäische Union gibt jedoch nicht auf. Die Ukraine braucht dringend Geld, und derzeit kann ihr nur die EU helfen. Die Europäische Kommission hat daher zwei Lösungen für den Finanzbedarf der Ukraine für den Zeitraum 2026 bis 2027 vorgelegt: einen klassischen EU-Kredit und einen sogenannten Reparationskredit.

Beide Vorschläge werden auf der Tagung des Europäischen Rates am 18. und 19. Dezember diskutiert. Der gesamte Plan umfasst fast 90 Seiten. Der entscheidende Satz des gesamten Dokuments lautet: „Diese Bargeldbestände (cash balances) sind kein Eigentum der Zentralbank der Russischen Föderation und genießen keine souveräne Immunität.“

Die europäischen Beamten haben also einen Ausweg in Form von Bargeldguthaben, also Zinsen und neu entstandenen Barmitteln, gefunden. Die ursprünglich eingefrorenen Vermögenswerte bleiben unangetastet, sodass Russland sich formal nicht wehren kann. Tatsächlich wird der Handel mit Russland jedoch fortgesetzt, und auf den Konten sammeln sich neue Guthaben an. Genau diese sollen verwendet werden. Die Lösung erinnert an das klassische Märchen, in dem der Wolf satt wurde und das Schaf unversehrt blieb.

Selbst wenn wir zugestehen, dass dieses Vorgehen rechtlich, politisch und geopolitisch durchführbar ist, bleibt ein praktisches Problem bestehen. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die neuen Guthaben dem Umfang der ursprünglich eingefrorenen Vermögenswerte nahekommen werden. Der Handel mit Russland geht zwar weiter, aber in viel geringerem Umfang.

Schätzungen zufolge könnten auf diese Weise etwa 60 Milliarden Euro verwendet werden. Aber auch in diesem Fall würden der Europäischen Union für die nächsten zwei Jahre des Krieges etwa 100 Milliarden Euro fehlen. Das lässt sich nur damit erklären, dass Brüssel mit einem baldigen Ende der Kämpfe rechnet und davon ausgeht, dass nur die Kosten für den laufenden Betrieb der Ukraine übrig bleiben.

Im gegenteiligen Fall wird dies nicht ausreichen. Die Europäische Union wird dann tiefer in die Taschen der Mitgliedstaaten greifen müssen. Und da entsteht ein großes Problem. Die öffentliche Unterstützung für die Ukraine ist in den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU längst nicht mehr so stark wie zu Beginn. Darüber hinaus kämpfen die meisten Mitgliedstaaten mit hohen Haushaltsdefiziten. Weitere massive Hilfe für die Ukraine würde zwangsläufig weniger Geld für die eigenen Bürger bedeuten. Nicht weniger wichtig ist, dass die jüngsten Korruptionsskandale allen, die die Überweisung von Geldern an die Ukraine ohne ausreichende Kontrollen kritisieren, starke Argumente liefern.

Europa beweist damit erneut, dass es elegante und ausgeklügelte Lösungen finden kann, aber nur so lange, bis es mit der Realität konfrontiert wird. Wer am Ertrinken ist, greift nach jedem Strohhalm, und die Cash Balances sind nur ein weiterer, diesmal vielleicht dünner Strohhalm. Wenn sich der Krieg hinzieht, muss die EU in den Spiegel schauen und zugeben, dass Solidarität mit der Ukraine keine Frage cleverer juristischer Tricks ist, sondern eine Frage des politischen Mutes und des echten Geldes, das jemand tatsächlich bezahlen muss.