ZUFFENHAUSEN. Bei Porsche spitzt sich der Konflikt zwischen Unternehmensführung und Belegschaftsvertretung weiter zu: Angesichts sinkender Verkaufszahlen – besonders in China – und eines tiefgreifenden Strategiewechsels sieht der Gesamtbetriebsrat die Zukunft der deutschen Standorte ernsthaft bedroht. Betriebsratschef Ibrahim Aslan warnt aktuell, dass das Management in internen Gesprächen erstmals die Verlagerung ganzer Entwicklungs- und Produktionsbereiche ins Ausland offen in Erwägung ziehe. Dadurch gerate rund ein Viertel der Arbeitsplätze der Porsche AG in Gefahr, berichtet dazu das Handelsblatt.
Der Konzern beschäftigt an seinen deutschen Standorten – darunter ist das Stammwerk Zuffenhausen und das Entwicklungszentrum Weissach – 23.000 Mitarbeiter. Eine Verlagerung im von Aslan skizzierten Umfang würde langfristig mehr als 5500 Stellen betreffen. Obwohl der Betriebsrat keine konkrete Zahl nannte, wäre ein solcher Abbau die größte Personalmaßnahme in der Unternehmensgeschichte.
Belegschaft fordert Jobgarantien bis 2035
Hintergrund sind laufende Verhandlungen über ein zweites Zukunftspaket, das weitere Einsparungen ermöglichen soll. Der Betriebsrat drängt auf eine Verlängerung der bestehenden Beschäftigungssicherung, die aktuell bis 2030 gilt, um weitere fünf Jahre. Nur so lasse sich verhindern, dass betriebsbedingte Kündigungen bereits Anfang des nächsten Jahrzehnts Realität werden.
In Belegschaftskreisen herrscht erhebliche Verunsicherung. Nach Angaben des Betriebsrats werden im Rahmen der Gespräche nicht nur die Verlagerung einzelner Modellreihen, sondern auch die Auslagerung der gesamten Logistik diskutiert. Die neue Sparrunde hatte noch der scheidende Porsche-Chef Oliver Blume angestoßen, der sich künftig ausschließlich auf seine Rolle an der Spitze des VW-Konzerns konzentrieren will.

Blume versuchte auf den Betriebsversammlungen der vergangenen Tage zu beschwichtigen. Er betonte, der Vorstand wolle „auf Augenhöhe“ mit den Arbeitnehmervertretern Lösungen entwickeln und stehe weiterhin zu den deutschen Standorten. Ein verbindlicher Zeitplan für die Gespräche wurde nicht genannt.
Kostenkrise und Strategiebruch setzen Porsche unter Druck
Das Unternehmen begründet die Pläne mit der schwierigen Lage der gesamten Automobilbranche. Steigende Kosten, hohe Investitionen und ein unerwarteter Gewinneinbruch machten tiefgreifende Strukturmaßnahmen unvermeidlich. Während Porsche in starken Jahren Renditen von bis zu 20 Prozent erzielte, rechnet die Führung aktuell nur noch mit etwa zwei Prozent.
Ein wesentlicher Faktor ist der abrupt korrigierte Elektrofahrzeugkurs: Die ambitionierten E-Strategien wurden eingestampft, der Verbrennungsmotor soll wieder stärker ins Zentrum rücken. Die Umstellung verursacht hohe Zusatzkosten, während Modelle wie der Taycan – besonders in China – kaum noch Käufer finden.
Neuer Vorstandschef erbt ungelöste Konflikte
Zum Jahreswechsel übernimmt Michael Leiters den Vorstandsvorsitz. Branchenkenner erwarten, dass unter seiner Führung wenig Spielraum für Zugeständnisse besteht. Leiters müsse die Kapazitäten des Konzerns zügig an dauerhaft niedrigere Absatzzahlen anpassen. Der Verweis des Unternehmens, dass formale Verhandlungen noch gar nicht begonnen hätten, dürfte daher wenig beruhigen. Auch der Abstieg aus dem DAX hat den Druck zusätzlich erhöht.