Warum Deutschland bis 2026 keine Migranten mehr nach Griechenland zurückschickt

Bis zum Inkrafttreten der EU-Asylreform übernimmt Deutschland vorübergehend selbst die Verfahren von Asylbewerbern, die eigentlich in Griechenland geprüft werden müssten. Innenminister Dobrindt spricht von einem europäischen Gesamtkompromiss.

Deutschlands Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Foto:  Kay Nietfeld/picture alliance via Getty Images

Deutschlands Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Foto: Kay Nietfeld/picture alliance via Getty Images

BERLIN/ATHEN. Deutschland wird bis zum Inkrafttreten der EU-Asylreform am 12. Juni keine Asylbewerber mehr nach Griechenland zurückführen, obwohl deren Verfahren nach geltendem Recht dort zu prüfen wären. Das erklärte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) und verwies auf einen umfassenden europäischen Kompromiss.

„Wir versuchen diese Überstellungen nicht mehr durchzuführen, sondern lassen die Verfahren hier in Deutschland stattfinden“, sagte Dobrindt auf Nachfrage. Teil der Vereinbarung sei zugleich, dass Deutschland in den ersten beiden Semestern nach Inkrafttreten der neuen Regeln nicht verpflichtet werde, Migranten über den künftigen Solidaritätsmechanismus aufzunehmen.

Aus dem griechischen Migrationsministerium hieß es zuvor, Athen habe in Gesprächen mit Deutschland und weiteren EU-Staaten erreicht, bis zum Start der Reform keine Asylbewerber zurücknehmen zu müssen. Wer illegal nach Griechenland einreise und bis zum 12. Juni 2026 weiter nach Deutschland gelange, werde nicht zurückgeführt. In der Praxis seien solche Rücküberstellungen ohnehin schon seit längerer Zeit kaum mehr gelungen.

Dobrindt betonte, die Regelung betreffe ausschließlich Asylbewerber, nicht jedoch in Griechenland bereits anerkannte Flüchtlinge. Diese könnten weiterhin nach Griechenland zurückgeschickt werden. In den vergangenen Jahren seien jedoch viele anerkannte Schutzberechtigte aus Griechenland nach Deutschland weitergereist, um hier erneut Asyl oder Flüchtlingsschutz zu beantragen – häufig aus familiären oder wirtschaftlichen Gründen.

Zuständigkeit wechselt nach Deutschland

Nach dem derzeit geltenden Dublin-System gilt für Rückführungen eine Frist von sechs Monaten. Da diese in vielen Fällen verstreicht, fällt die Zuständigkeit für zahlreiche ursprünglich in Griechenland registrierte Asylbewerber faktisch an Deutschland.

Zu Wochenbeginn hatte Dobrindt nach Gesprächen in Brüssel erklärt, man habe sich mit Griechenland und Italien darauf verständigt, dass diese Staaten künftig wieder Migranten zurücknehmen würden, die über ihre Länder in die EU eingereist seien. Die griechische Regierung stellte jedoch klar, dass sie mit Beginn der neuen Asylregeln „mit null Rücküberstellungspflichten“ starte.

Die Schwächen des Dublin-Systems gelten seit Jahren als einer der Hauptgründe für die europäische Asylreform. Künftig sollen längere Fristen für Rücküberstellungen gelten, etwa wenn Asylbewerber für Behörden zeitweise nicht erreichbar sind. Zudem sollen Verfahren für Migranten mit geringer Anerkennungschance verstärkt direkt an den EU-Außengrenzen durchgeführt werden. Erst bei einem funktionierenden Außengrenzschutz könne Deutschland auf Binnengrenzkontrollen verzichten, betonte Dobrindt.