Sparzwang der Regierung erreicht auch Österreichs Polizei - das sorgt für Unmut

Steigende Gewaltkriminalität und Terrorgefahr gerade rund um die Weihnachtszeit fordern die Polizeikräfte enorm. Sparpläne bei der Polizei Österreichs sorgen ensprechend für Beunruhigung.

Einsatzkräfte der Spezialeinheit Cobra / Foto: Innenministerium Österreich

Einsatzkräfte der Spezialeinheit Cobra / Foto: Innenministerium Österreich

Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen auf den Christkindlmärkten, Meldungen über vereitelte Anschläge, alarmierende Zahlen aus der Kriminalstatistik wie etwa der Rekordanstieg von Messerattacken um 25 Prozent innerhalb von nur fünf Jahren auf inzwischen 2.596 Delikte in Österreich, davon allein 956 in Wien: Kaum ein Tag vergeht, der angesichts der Nachrichtenlage nicht für Beklommenheit sorgt. Da tragen die Meldungen über Einsparungen bei der Polizei in Österreich nicht zur Beruhigung bei.

Alle Polizeibehörden stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Zwar wurden sie in der Vergangenheit personell aufgestockt, doch inzwischen wird auch sie zum Opfer des Sparzwangs der Regierung. 15 Prozent sollen die jeweiligen Ressorts laut Koalitionsvereinbarung wegen der prekären Budgetlage einsparen. Der Sparstift im Innenministerium wird dabei vor allem innerhalb der Exekutive angelegt.

Gegenwärtig sorgen Kürzungspläne ausgerechnet beim internationalen Aushängeschild der österreichischen Polizei für ein Rumoren in der uniformierten Belegschaft. Das Sondereinsatzkommando ECO Cobra - die hochgelobte Anti-Terroreinheit - wird verkleinert. Die Eliteeinheit, die bei der Direktion für Spezialeinheiten (DSE) angesiedelt ist, soll nach internen Papieren, die der Presseagentur APA vorliegen, um 40 Beamte reduziert werden. Ein radikaler Schnitt angesichts von bisher insgesamt 350 operativen Kräften. Die Beamten werden intern sukzessive auf die Landespolizeidirektionen verteilt. „Es ändern sich dadurch fix eintrainierte Abläufe“, heißt es innerhalb der Spezialeinheit aus Wiener Neustadt. Von einer „Schwächung der Reaktion sowie Reaktionszeit“ im Fall von Amokläufen oder Terroranschlägen ist die Rede.

Es ist nur die jüngste von zahlreichen Sparmaßnahmen und Strukturänderungen seit dem vergangenen Frühjahr in den Landespolizeidirektionen. Die Folge: In Wien sind seit dem Sommer fast zwei Drittel der 81 Polizeiwachen für den Zugang der Bürger an Sonn- und Feiertagen geschlossen, während in Tirol und Vorarlberg Standorte zusammengelegt wurden.

2,18 Millionen Überstunden allein in Wien

Allein in der Bundeshauptstadt brachten es die 7.200 Polizeibeamten im vergangenen Jahr laut Landespolizeidirektion (LPD) auf 2,18 Millionen Überstunden. "Der Betrieb kann nur mehr so aufrechterhalten werden", sagte der Vorsitzende des Fachausschusses der Polizeigewerkschaft, Walter Strallhofer (FSG). Die LPD sieht dies offenbar anders und erließ eine "Dienstanweisung", wonach die pauschalierten Überstunden um 30 Prozent und die einzeln verrechneten Überstunden um 20 Prozent abgebaut werden müssen. Dies sorgte für die teils geschlossenen Dienststellen und für gehörigen Frust bei Polizisten. Einzeln verrechnete Überstunden machen einen nicht geringen Teil ihres Verdienstes aus.

Von Einschnitten betroffen sind nicht nur Überstunden, sondern auch Sachkosten, Bauprojekte, die Rekrutierungsboni sowie das Klimaticket oder der kostenlose Führerschein für Polizeischüler. Im Juli hatte die Streichung von 400 Plätzen in den Grundkursen für die Neuaufnahme in den Polizeidienst für große Verstimmung gesorgt.

Darüber hinaus seien Belohnungen – etwa für herausragende polizeiliche Leistungen – "auszusetzen", Personalmaßnahmen nur noch "im absolut notwendigen Ausmaß" vorzunehmen und Ferienpraktikanten nicht mehr aufzunehmen. Laufende Bauvorhaben müssen "unter einer Prioritätensetzung neuerlich bewertet werden", künftige Bauprojekte "zu unterlassen" und Beschaffungseinkäufe nur zu erledigen, "wenn sie für den Dienstbetrieb zwingend und unmittelbar erforderlich" seien, wie es in der von der APA zitierten "Dienstanweisung" heißt.

Ministerium: Sicherheit hat oberste Priorität

Das zuständige Innenministerium (BMI) kontert die Kritik an den Sparplänen: "Die Dienstleistung Polizei bleibt für die Bevölkerung von allfälligen, temporären Sparmaßnahmen unberührt. Es gibt keine Einsparungen zu Lasten der Sicherheit oder des notwendigen Personals. Sicherheit hat weiterhin oberste Priorität. Jede freie Planstelle werde durch gezielte Aufnahme in den Bundesländern so rasch wie möglich nachbesetzt, so das BMI in einer Stellungnahme.

Die Interessenvertreter von Österreichs 32.000 Polizeibeamten sehen dies anders. Von der freiheitlichen AUF-Gewerkschaft hieß es gegenüber der APA, die "Basispolizei" brauche angesichts der jüngsten Ereignisse wie des Anschlags in Villach "mehr Ressourcen, nicht weniger". Werner Herbert, Bundesvorsitzender der blauen Gewerkschaft und zugleich AUF-Landeschef in Wien, betonte, er frage sich, "wie solche Maßnahmen bei reduzierten Überstunden überhaupt umsetzbar" seien.

Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp warnte in einer Pressemitteilung vor einem "Sicherheitsnotstand" in der Hauptstadt und kündigte "massiven Widerstand gegen diesen SPÖ-ÖVP-Kahlschlag bei der Polizei" an.