Die zweite Runde der wichtigen ukrainisch-amerikanischen Verhandlungen über die Grundlagen eines möglichen Friedensabkommens zwischen Kiew und Moskau endete am Montag in der deutschen Hauptstadt. Die ukrainische Delegation wurde von Präsident Wolodymyr Selenskyj geleitet, während die USA durch die Abgesandten von Präsident Donald Trump - den Geschäftsmann Steve Witkoff und den ehemaligen Berater des Weißen Hauses, Jared Kushner - vertreten waren.
Die Verhandlungen, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden, wurden von beiden Seiten als konstruktiv, wenn auch schwierig bezeichnet. Es ist der wichtigste diplomatische Schritt zur Beendigung des Krieges seit Beginn der russischen Invasion im Jahr 2022.
Der ukrainische Unterhändler Rustem Umerow bezeichnete die Gespräche als "konstruktiv und produktiv" und sagte, es seien "echte Fortschritte" erzielt worden. Umerov forderte die Öffentlichkeit auf, sich nicht von Gerüchten und anonymen Spekulationen leiten zu lassen, da der Informationsraum derzeit voll von unbestätigten Behauptungen sei, sagte er.
Einer mit den Verhandlungen vertrauten Quelle zufolge haben die US-Unterhändler Kiew außerdem mitgeteilt, dass die Ukraine im Rahmen eines Abkommens zur Beendigung des fast vier Jahre alten Krieges einem Truppenabzug aus Teilen der Region Donezk zustimmen müsse.
Schwierige, aber produktive Gespräche
In seiner Rede auf dem Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum räumte Selenskyj ein, dass die Gespräche eine Reihe komplizierter Themen umfassten: "Diese Gespräche sind nie einfach. Aber sie waren produktiv, mit vielen Details - wirklich vielen."
Sicherheitsgarantien, territoriale Vereinbarungen, die Überwachung des Waffenstillstands und ein langfristiges Modell der Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und dem Westen seien offen diskutiert worden, sagte er.
Nach den Gesprächen traf Selenskyj mit dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zusammen, gefolgt von Gesprächen mit der Bundestagspräsidentin Julia Klöckner und Bundeskanzler Friedrich Merz.
Deutschland hat in den letzten Monaten versucht, als einer der wichtigsten Vermittler zwischen Kiew, Washington und den europäischen Staats- und Regierungschefs aufzutreten.
Ziel ist es, einen Weg zu einer dauerhaften Einigung zu finden, sagt die US-Seite
Der Unterhändler Rustem Umerov betonte in einer Erklärung im sozialen Netzwerk X, dass "das amerikanische Team äußerst konstruktiv arbeitet" und die Atmosphäre der Verhandlungen auf die Suche nach Lösungen und nicht auf Konfrontation ausgerichtet sei.
Witkoff hatte bereits am Sonntag nach der ersten Gesprächsrunde gesagt, es seien "viele Fortschritte" gemacht worden. Nach Angaben von US-Beamten, die die Medien unter der Bedingung der Anonymität informierten, umfassen die Verhandlungen "sehr starke" Sicherheitsgarantien, die mit den Verpflichtungen der NATO vergleichbar sind.
Dazu gehöre nicht nur die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich, sondern auch die Verpflichtung der USA, im Falle einer erneuten russischen Aggression zu reagieren - etwas, das Kiew seit 2014 fordert. Gleichzeitig warnten US-Beamte davor, dass die angebotenen Sicherheitsgarantien nicht ewig auf dem Tisch liegen würden.
Ukraine erwägt Zugeständnisse bei der NATO, will aber keine Gebiete abtreten
Eines der stärksten Signale der letzten Tage war die Erklärung Selenskyjs, er sei bereit, den Antrag der Ukraine auf einen NATO-Beitritt aufzugeben, wenn die USA und andere Partner gleichwertige Sicherheitsgarantien geben würden, die rechtsverbindlich wären und vom US-Kongress unterstützt würden.
Gleichzeitig wies er jedoch den Druck zu territorialen Zugeständnissen kategorisch zurück. "Territoriale Zugeständnisse können nur von der Ukraine beschlossen werden. Ohne jeden Vorbehalt", betonte der deutsche Bundeskanzler Merz und griff damit die eindeutige Position Selenskyjs auf.
Laut Reuters-Quellen ist die territoriale Abgrenzung jedoch eines der schwierigsten Themen, das trotz des positiven Tons der Verhandlungen offen bleibt.
Territorium nur nach Sicherheitsgarantien
Die europäischen Staats- und Regierungschefs waren sich bei einem Treffen am Montag in Berlin einig, dass territoriale Kompromisse erst dann in Betracht gezogen werden können, wenn die Ukraine über einen glaubwürdigen Sicherheitsrahmen verfügt.
In der aktualisierten Erklärung, die von zehn europäischen Staats- und Regierungschefs und der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen unterzeichnet wurde, heißt es, dass die Sicherheitsgarantien eine multinationale Truppe unter europäischer Führung umfassen müssen. Diese sollten die ukrainischen Streitkräfte unterstützen, zum Schutz des Luftraums beitragen und für sichere Meere sorgen - auch durch Operationen auf ukrainischem Gebiet.
In der Erklärung heißt es außerdem, dass die Ukraine in der Lage sein sollte, ihre Streitkräfte auf einem Niveau von rund 800 000 Mann zu halten, um künftige Aggressionen abwehren zu können.
Zu den Sicherheitsgarantien soll auch ein von den USA geleiteter Mechanismus zur Überwachung des Waffenstillstands gehören, der frühzeitig vor Verletzungen warnt und eine schnelle Reaktion gewährleistet.
Die Finanzierung der ukrainischen Verteidigung und eingefrorene russische Guthaben
Gleichzeitig forderte Selenskyj die EU auf, dafür zu sorgen, dass die eingefrorenen russischen Vermögenswerte in Europa ausschließlich zur Unterstützung der ukrainischen Verteidigung verwendet werden: "Das ist fair, das ist vernünftig und das muss auch erreichbar sein."
Der deutsche Bundeskanzler Merz bezeichnete das Thema als ein "Schlüsselproblem", das Europa unverzüglich lösen müsse. Die Glaubwürdigkeit der EU werde untergraben, wenn es nicht gelinge, eine gemeinsame Lösung zu finden, sagte er. Er sagte auch, dass zum ersten Mal seit Beginn des Krieges ein Waffenstillstand in Betracht gezogen werden könnte.
US-Beamte haben davor gewarnt, dass das Zeitfenster für die Verankerung starker Sicherheitsgarantien begrenzt ist - sobald sie vorgelegt werden, müssen sie schnell von den Anhängern gebilligt werden.
Ein weiterer interessanter Moment in den Verhandlungen war die Information, dass Russland Berichten zufolge seine Offenheit für eine zukünftige Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union signalisiert hat. AP- und AFP-Quellen zufolge könnte dies Teil eines Verhandlungspakets sein, um ein umfassenderes Abkommen zu ermöglichen.
Wenn die Ukraine schließlich Sicherheitsgarantien nach Artikel 5 erhält, könnte dies die europäische Sicherheitsarchitektur grundlegend umgestalten - auch ohne formale NATO-Mitgliedschaft. Die Verhandlungen werden fortgesetzt, wahrscheinlich noch in dieser Woche.
(reuters, tasr, pir)