Chile steht vor einem großen Umbruch. Ab März hat hier José Antonio Kast (59) das Sagen. Der Kandidat und Gründer der Republikanischen Partei lag im ersten Wahlgang noch hinter seiner kommunistischen Konkurrentin Jeannette Jara (51), doch bei der Stichwahl am Sonntag setzte er sich ganz klar durch: Wie das Wahlamt nach Auszählung von 83 Prozent der Stimmen mitteilte, erhielt Kast knapp 59 Prozent der Stimmen, Jeannette Jara lediglich 42 Prozent. "Chile möchte einen Wandel", jubelte das neue Staatsoberhaupt in seiner Siegesrede vor Zehntausenden Anhängern in der Hauptstadt Santiago de Chile. "Und ich sage Ihnen, ja, Chile wird einen echten Wandel erleben".
Aber warum gilt der Jurist und strenggläubige Katholik, der an der Katholischen Universität von Chile Rechtswissenschaften studierte, als politischer Hardliner oder gar in manchen Medien als "rechtsextrem" und "radikal"? Was sind seine politischen Ziele, und was hat es mit seinem deutschen Wurzeln auf sich?
„Was ist daran rechtsradikal, wenn ich stolz bin auf Chiles Erfolge der letzten dreissig Jahre?“
José Antonio Kast – selbst Vater von neun Kindern – machte in seinem Wahlkampf massiv Stimmung beim Thema Abtreibung und versprach, das 20-Millionen-Einwohner-Land Chile wieder sicherer zu machen. Dafür kündigte er ein hartes Vorgehen gegen Kriminalität und illegale Migration an. So will der deutschstämmige Politiker die Grenzen stärker sichern, die irreguläre Einreise zu einer Straftat machen und Migranten ohne Papiere konsequent abschieben. Außerdem sollen neue Gefängnisse gebaut und Drohnen und andere Hochsicherheitsanlagen einsetzen werden, um die Grenzkontrollen zu verstärken.
Und trotzdem: Die Vorwürfe seiner Kritiker, er sei zu radikal, zu rechts, zu sehr Hardliner, kann José Antonio Kast nicht nachvollziehen. Ja, er bewundere Augusto Pinochet. Und ja, er sei rechts, aber ohne Komplexe. „Was ist daran rechtsradikal, wenn ich stolz bin auf Chiles Erfolge der letzten dreißig Jahre?“, fragte er 2021 in einem Interview.
Erzkatholischer Pinochet-Bewunderer und Sohn eines NSDAP-Mitglieds aus Bayern
Der Hinweis auf seine deutschen Wurzeln sind eng verbunden mit dem immer wiederkehrenden Vorwurf, sein Vater sei ein Nazionalsozialist und Mitglied der NSDAP gewesen. José Antonio Kast wurde am 18. Januar 1966 als Sohn des Wehrmachtsoffiziers Michael Kast Schindele (1924-2014) und seine Ehefrau Olga Rist Hagspiel (1924–2015) in Santiago de Chile geboren. Seine Eltern emigrierten nach dem Zweiten Weltkrieg aus Bayern nach Chile und gründeten dort in den 1950er Jahren die Wurstfabrik "Cecinas Bavaria" und ein Restaurant. Damit gehört Kast jener deutschen Minderheit in Chile an, die heute in dem südamerikanischen Land laut Zahlen des Goethe Institut einen Anteil von rund 500.000 Menschen an dem Teil Bevölkerung stellen, die deutsche Wurzeln besitzen. Die Zahl der tatsächlich noch in Deutschland Geborenen ist dabei deutlich niedriger.
Kast hat die Vorwürfe gegen seinen Vater immer vehement bestritten und darauf verwiesen, dass der Militärdienst seines Vaters damals für alle jungen Männer obligatorisch gewesen sei. Sein Vater könne zudem während seiner Zeit in der Wehrmacht gar keine Kriegsverbrechen begangen haben, da er in seinen späteren Jahren oft Deutschland besucht habe, ohne dass ihn die Polizei wegen irgendwelchen Vorwürfen festgenommen hätte. Tatsächlich war die Parteimitgliedschaft in der NSDAP jedoch keine Pflicht.
José Antonio Kast wird offiziell am 11. März 2026 als Nachfolger des linken Staatschefs Gabriel Boric die Regierungsgeschäfte Chiles für vier Jahre übernehmen.