Israels Botschaft kritisiert Bild von Anne Frank mit Kufiya: "Antisemitismus wird normalisiert"

Was darf Kunst - und wo sind die Grenzen?Mit einem Bildnis von Anne Frank mit Palästinenser-Tuch provoziert aktuell ein Museum in Potsdam: Das Holocaust-Opfer werde "für die Normalisierung von Gewalt missbraucht", kritisiert Israels Botschaft.

Anne Frank Credit: Museum Fluxus

Anne Frank Credit: Museum Fluxus

POTSDAM. Das Potsdamer Privatmuseum Fluxus+ stellt aktuell ein Porträt von Anne Frank mit einer palästinensischen Kufiya aus - das Werk ist Teil der Ausstellung „COMUNE – Das Paradox der Ähnlichkeit im Nahostkonflikt“ des italienischen Künstlers Costantino Ciervo.

Die israelische Botschaft in Deutschland reagiert mit deutlicher Kritik auf diese Darstellung des bekannten Holocaust-Opfers: "Das ist eine Delegitimierung Israels und Relativierung des Holocausts." Und weiter: "Das ist leider ein Paradebeispiel für Tendenzen in der Kulturszene: Unter dem Deckmantel künstlerischer Freiheit werden Geschichtsklitterung, Antisemitismus - und letztlich auch Terror - normalisiert."

https://twitter.com/IsraelinGermany/status/1995816704023093308?s=20

Künstler will Auseinandersetzung mit Genoziden provozieren

Das umstrittene Porträt zeigt Anne Frank mit einem Palästinensertuch um die Schultern, schreibend an einem digitalen Endgerät. Nach Angaben des Künstlers soll das Bild eine Auseinandersetzung mit Gewalt, Unterdrückung und der Frage von Genoziden ermöglichen. Die Ausstellung arbeitet mit digital erzeugten Bildpaaren, in denen palästinensische Persönlichkeiten mithilfe künstlicher Intelligenz visuell transformiert werden – unter anderem durch die Verwendung religiöser und politischer Symbole.

Die Jüdische Gemeinde Potsdam reagierte ebenfalls mit scharfer Kritik. Und der Antisemitismusbeauftragte des Landes Brandenburg, Andreas Büttner, forderte das Museum auf, das Bild abzuhängen, da es die Gefühle der jüdischen Gemeinschaft verletze, berichtet dazu die Jüdische Allgemeine.

Das Museum wies diese Forderung zurück. Geschäftsführer Tamás Blénessy erklärte, ein Eingriff in die Ausstellung komme nicht infrage, da dies einem Eingriff in die künstlerische Aussage gleichkäme.

Als Reaktion auf die anhaltende Kritik brachte das Museum ein erklärendes Statement direkt neben dem Werk an. Darin wird Anne Frank als universelles Symbol für die Verurteilung von Gewalt dargestellt. Zusätzlich wurde angeboten, der jüdischen Gemeinde Raum für eine eigene kritische Stellungnahme zu geben, die neben dem Bild ausgehängt werden könnte. Auch eine zeitweise Verhüllung mit einer sogenannten Trigger-Warnung war zwischenzeitlich im Gespräch.

Inzwischen befasst sich auch die Staatsanwaltschaft Potsdam mit einer Strafanzeige in dem Fall, ohne bislang Details zum Vorwurf zu nennen. Das Museum sieht das als einen Einschüchterungsversuch. Die Potsdamer Oberbürgermeisterin Noosha Aubel kündigte an, vermittelnd tätig werden zu wollen und sprach sich für einen Dialog zwischen Museum, Künstler und jüdischer Gemeinde aus.

Weltberühmt: Das Tagebuch der Anne Frank

Anneliese Marie Frank wurde am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main geboren. Sie war die zweite Tochter von Otto und Edith Frank, einer jüdischen Familie, die 1933 vor der nationalsozialistischen Verfolgung in die Niederlande floh. Nach der deutschen Besetzung der Niederlande im Jahr 1940 verschärfte sich auch dort die Situation für jüdische Familien zunehmend. Im Juli 1942 tauchte die Familie Frank gemeinsam mit vier weiteren Personen in einem Hinterhaus in Amsterdam unter, um der Deportation zu entgehen.

Während der zwei Jahre im Versteck begann Anne Frank, ein Tagebuch zu schreiben. Ihre Aufzeichnungen schildern nicht nur den Alltag in Enge und Angst, sondern auch ihre Gedanken, Hoffnungen und Beobachtungen als heranwachsende Jugendliche. Das Tagebuch endet kurz vor der Entdeckung des Verstecks im August 1944. Anne Frank wurde gemeinsam mit den anderen Untergetauchten verhaftet und über das Durchgangslager Westerbork in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert.

Später wurde sie in das Konzentrationslager Bergen-Belsen gebracht, wo sie im Frühjahr 1945 im Alter von 15 Jahren an Typhus starb – wenige Wochen vor der Befreiung des Lagers. Ihr Vater Otto Frank überlebte als einziger der Familie den Holocaust. Er veröffentlichte 1947 Annes Tagebuch, das später unter dem Titel „Das Tagebuch der Anne Frank“ weltweit bekannt wurde.

Heute gilt Anne Frank als eines der bekanntesten Opfer des Holocaust. Ihr Tagebuch ist in zahlreiche Sprachen übersetzt worden und steht symbolisch für das Schicksal von Millionen ermordeter Jüdinnen und Juden. Ihr Name ist untrennbar mit der Erinnerung an die Shoa verbunden.