Putin hält Jahrespressekonferenz: Krieg und Frieden – und andere Erzählungen

Russlands Präsident Wladimir Putin äußert sich bei seiner Jahrespressekonferenz zu Krieg, Wirtschaft und dem Verhältnis zur Europäischen Union.

Vladimir Putin. Foto: Sefa Karacan/Anadolu via Getty Images

Vladimir Putin. Foto: Sefa Karacan/Anadolu via Getty Images

MOSKAU. Der russische Präsident Wladimir Putin hat bei seiner traditionellen Jahrespressekonferenz in Moskau zu einer Vielzahl innen- und außenpolitischer Themen Stellung genommen. Die Veranstaltung, die mehrere Stunden dauerte und live im Staatsfernsehen übertragen wurde, gilt als eines der wichtigsten öffentlichen Formate des Kremls. Fragen stellten ausgewählte Journalisten sowie per Video zugeschaltete Bürger aus verschiedenen Regionen Russlands.

Wie in den vergangenen Jahren nutzte Putin die Pressekonferenz, um zentrale politische Positionen der russischen Führung darzulegen. Im Mittelpunkt standen der Krieg in der Ukraine, die wirtschaftliche Lage Russlands sowie die jüngsten Entscheidungen der Europäischen Union im Umgang mit eingefrorenem russischem Zentralbankvermögen.

Eingefrorenes russisches Vermögen und EU-Entscheidungen

Ausführlich äußerte sich Putin zu den Beschlüssen der EU-Staats- und Regierungschefs, die Ukraine weiterhin finanziell zu unterstützen, dabei jedoch auf eine direkte Nutzung eingefrorener russischer Staatsgelder zu verzichten. Stattdessen sollen Kredite aus dem EU-Haushalt bereitgestellt werden. Putin bewertete diese Entscheidung als Bestätigung der russischen Position, wonach eine Konfiszierung des Vermögens rechtlich problematisch sei.

Die Verwendung eingefrorener Zentralbankgelder bezeichnete der russische Präsident als unzulässigen Eingriff in bestehende Eigentumsrechte. Er warnte davor, dass ein solcher Schritt das Vertrauen internationaler Investoren in den europäischen Finanzmarkt beeinträchtigen könne. Staaten mit größeren Kapitalanlagen in der Eurozone würden diese Debatte aufmerksam verfolgen, erklärte Putin.

Nach russischen Angaben beläuft sich das eingefrorene Zentralbankvermögen auf rund 210 Milliarden Euro. Ein Großteil dieser Gelder wird bei der belgischen Verwahrstelle Euroclear gehalten. Putin äußerte die Erwartung, dass diese Mittel langfristig an Russland zurückgeführt würden. Konkrete rechtliche oder politische Schritte nannte er in diesem Zusammenhang nicht.

Russlands Sicht auf den Krieg in der Ukraine

Zum Krieg in der Ukraine wiederholte Putin die bekannte Darstellung der russischen Führung, wonach die Ursachen des Konflikts in den politischen Entwicklungen des Jahres 2014 lägen. Russland habe nicht den Krieg begonnen, sondern reagiere auf damalige Ereignisse sowie auf sicherheitspolitische Entscheidungen des Westens, erklärte er.

Auf die Frage nach der Verantwortung für zivile Opfer sagte Putin, Russland betrachte sich nicht als verantwortlich für den Tod von Menschen. Diese Aussagen stehen im Einklang mit früheren Stellungnahmen des Kremls, in denen die Verantwortung für den Krieg regelmäßig externen Akteuren zugeschrieben wird.

Gleichzeitig bekräftigte Putin territoriale Forderungen an die Ukraine. Er erklärte erneut, dass Moskau den Rückzug ukrainischer Truppen aus den Regionen Donezk und Luhansk erwarte. Darüber hinaus forderte er die Anerkennung jener Gebiete als russisches Staatsgebiet, die seit Beginn der Invasion unter russischer Kontrolle stehen, einschließlich der bereits 2014 annektierten Krim.

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Bedingungen für mögliche Gespräche

Putin betonte, Russland habe Friedensinitiativen nicht grundsätzlich abgelehnt. Gespräche seien möglich, sofern sie auf den Bedingungen basierten, die Moskau bereits zuvor formuliert habe. In diesem Zusammenhang verwies der Präsident auf eine Rede im russischen Außenministerium aus dem Jahr 2024, in der er unter anderem den Verzicht der Ukraine auf einen Beitritt zur Nato sowie den Rückzug aus mehreren Regionen gefordert hatte.

Neu war der Hinweis auf „gewisse Signale“ aus Kiew, die auf eine mögliche Gesprächsbereitschaft hindeuten könnten. Details zu Art oder Inhalt dieser Signale nannte Putin nicht. Zugleich machte er deutlich, dass aus russischer Sicht der Westen und die Ukraine am Zug seien, um konkrete Schritte in Richtung Verhandlungen zu setzen.

Militärische Lageeinschätzung

Zur militärischen Situation erklärte Putin, die russischen Streitkräfte verfügten entlang der Frontlinie über die strategische Initiative. Weitere Geländegewinne bis zum Jahresende seien möglich. Diese Einschätzung stellte er als Ergebnis kontinuierlicher militärischer Fortschritte dar.

Den Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der Frontstadt Kupjansk kommentierte Putin kritisch. Er stellte den Besuch als symbolische Handlung dar und äußerte Zweifel an dessen militärischer Bedeutung. Zu einzelnen militärischen Rückschlägen oder Verlusten äußerte sich der russische Präsident nicht.

Wirtschaftliche Lage und Geldpolitik

Auch zur wirtschaftlichen Entwicklung Russlands nahm Putin Stellung. Das geringere Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr sei ein bewusster Schritt zur Eindämmung der Inflation, erklärte er. Nach einem Wachstum von 4,3 Prozent im Vorjahr rechne die Regierung aktuell mit rund einem Prozent.

Die Zinspolitik der russischen Zentralbank sei darauf ausgerichtet, die Preisstabilität zu sichern. Der zuletzt leicht gesenkte Leitzins liege weiterhin auf hohem Niveau. Putin räumte ein, dass diese Zinspolitik Investitionen erschwere, bezeichnete die wirtschaftliche Gesamtlage jedoch als stabil.

Russland steht weiterhin unter dem Einfluss westlicher Sanktionen und einer stark staatlich geprägten Kriegswirtschaft. Diese Faktoren erwähnte Putin zwar, stellte sie jedoch nicht in den Mittelpunkt seiner wirtschaftlichen Ausführungen. Die Jahrespressekonferenz gilt als fester Bestandteil der politischen Kommunikation des Kremls. Sie bietet dem russischen Präsidenten die Möglichkeit, seine Sicht auf zentrale Fragen ausführlich darzulegen und aktuelle Entwicklungen einzuordnen.

Auch in diesem Jahr nutzte Putin das Format, um bekannte Positionen zu Krieg, Wirtschaft und internationalen Beziehungen zu bekräftigen. Neue politische Initiativen kündigte er nicht an. Stattdessen stand die Bestätigung bestehender Linien im Vordergrund – insbesondere mit Blick auf den Ukraine-Krieg und das Verhältnis zur Europäischen Union.